Mit Ulrike Prommer, Geschäftsführerin der IMC FH Krems, ist erstmals eine Frau an der Spitze der Fachhochschulkonferenz (FHK), Interessenvertretung der heimischen FHs. Von der Politik fordert sie Entbürokratisierung, ausreichende Finanzierung von Lehre und Forschung sowie die schnelle Ausarbeitung des nächsten FH-Entwicklungs- und -Finanzierungsplans.

Seit Mitte November ist Ulrike Prommer Präsidentin der Fachhochschulkonferenz, der Interessen- und Servicegemeinschaft der 21 FHs in Österreich.
Foto: IMC FH Krems

STANDARD: Mehr Studienplätze, bessere Planbarkeit, mehr Geld für Forschung – die Liste der Forderungen ist lang. Aber was haben FH-Studierende davon, dass Sie jetzt Präsidentin der FHK sind?

Prommer: Alle Thematiken haben direkten oder indirekten Einfluss auf die Situation der Studierenden. Sei es durch neue und bessere Ressourcenausstattungen oder durch Mitarbeiterschulungen im Bereich der Digitalisierung. Vieles hilft, die Qualität in der Lehre weiter zu steigern, die Lehre up to date zu halten. Aber auch meine Forderung nach schlankeren Rahmenbedingungen und einer Entbürokratisierung kommt letztendlich den Studierenden zugute. Denn dadurch werden Ressourcen frei, die dann in Lehre und Forschung eingesetzt werden könnten.

STANDARD: Wo genau könnten die Rahmenbedingungen schlanker gestaltet werden?

Prommer: Der Fachhochschulsektor hat ungefähr 500 Studiengänge. Wir müssen jede wesentliche Änderung und jeden neuen Studiengang durch die AQ Austria akkreditieren lassen. Das ist ein sehr umfassender Prozess. Ein Neuantrag für ein Studienprogramm beispielsweise umfasst rund 700 Seiten. Dazu gehört auch immer ein Vorortbesuch, und dabei wird man immer wieder mit denselben Fragen konfrontiert. Als der Fachhochschulsektor noch jung war, war dieses System gut und richtig. Aber wir sind jetzt erwachsen – Fachhochschulen gibt es seit mehr als 25 Jahren. Ich glaube, dass man hier mehr Autonomie zulassen und auch einiges verschlanken könnte. Die Programmakkreditierung ist ein wichtiger Punkt, wo man Ressourcen sparen könnte.

STANDARD: Ihren Vorgängern war das Promotionsrecht ein großes Anliegen – wie wichtig ist das noch? Mit dem Förderprogramm Doc.Funds.Connect werden ja kooperative Doktoratsprogramme von Fachhochschulen und Universitäten vom Wissenschaftsministerium auch gefördert …

Prommer: Das Förderprogramm war ein guter erster Schritt. Es ist jedoch so, dass Fachhochschulen auch Forschungsfelder haben, die thematisch sehr einzigartig sind. Und hier ist es wichtig, nachhaltige Forschung auch zu sichern. Dafür brauchen wir eigenständige, akkreditierte Doktoratsprogramme. Wir wollen nicht das generelle Promotionsrecht, sondern wir wollen eigenständige Doktoratsprogramme. Wir brauchen solche Programme aber auch, um ein Abwandern der Forscherinnen und Forscher ins Ausland zu verhindern. Es ist natürlich ein wichtiger Anreiz für junge Forscherinnen und Forscher, dass sie auch das Doktorat in ihren Forschungsfeldern machen können.

"Alle Thematiken haben direkten oder indirekten Einfluss auf die Situation der Studierenden." – Ulrike Prommer

STANDARD: Entbürokratisierung, Ausbau von Doktoratsprogrammen ... Welche Schwerpunkte möchten Sie noch setzen?

Prommer: Selbstverständlich gehören der Ausbau und die Weiterentwicklung dazu, aber auch die nachhaltige Forschungsfinanzierung ist mir wichtig. Fachhochschulen sind in der Forschung nur durch Drittmittel finanziert. Wenn zwischen den Forschungsprojekten eine Lücke von mehreren Monaten entsteht, fehlt uns die Finanzierung. Wir brauchen aber auch finanzielle Unterstützung für die Phase des Beantragens.

STANDARD: Forschungsförderung ist eine langjährige Forderung – geht da gar nichts weiter?

Prommer: Der Fachhochschulsektor hat sich stark weiterentwickelt. Wir sind mittlerweile sehr forschungsstark unterwegs. Man sieht an diversen Kennzahlen, dass sich in der Forschung in den letzten Jahren großartige Dinge entwickelt haben. Ich glaube, da wäre auch eine Umstellung der Sichtweise von den handelnden Personen im Ministerium notwendig. Es sind vielleicht dickere Bretter, die man bohren muss, aber die Forderung nach einer besseren Forschungsfinanzierung ist für uns nach wie vor absolut wichtig.

STANDARD: Sie wurden, wie auch schon Ihr Vorgänger, einstimmig gewählt. Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat man in dieser Funktion?

Prommer: Die Fachhochschulkonferenz ist eine Interessen- und Servicegemeinschaft. Für uns ist wichtig, dass wir mit einer Stimme sprechen. Und hier ist der kontinuierliche Austausch mit Kollegen, aber auch mit allen Stakeholdern – vom Ministerium über Fördergeber und Unternehmen – sehr wichtig. Wir wollen gestalten, wir wollen Veränderungen anregen – und dazu gehört auch, Entscheidungen zu treffen. Aber es ist eine Interessengemeinschaft und keine Holding, das ist klar. (Gudrun Ostermann, 8.12.2021)