Die erste Auslandsreise des neuen deutschen Kanzlers Olaf Scholz führt ihn nach Frankreich und nach Belgien.

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Zwei Tage nach seiner Vereidigung als deutscher Bundeskanzler ist Olaf Scholz am Freitag zu seiner ersten Auslandsreise nach Paris und Brüssel aufgebrochen. In der französischen Hauptstadt wird der SPD-Politiker Präsident Emmanuel Macron treffen, in Brüssel stehen Gespräche mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf seinem Programm.

Scholz hatte schon vor seiner Wahl zum Kanzler angekündigt, dass seine erste Auslandsreise nach Paris zu Macron führen würde. "Wir treffen uns, um eine gemeinsame Strategie mit Frankreich zu entwickeln", sagte er am Donnerstagabend auf einer Pressekonferenz. Macron hatte am Mittwoch in seiner Gratulation an Scholz auf Twitter ebenfalls die deutsch-französische Zusammenarbeit für Europa beschworen. "Das nächste Kapitel werden wir zusammen schreiben. Für die Franzosen, für die Deutschen, für die Europäer", schrieb er.

Baerbock schon am Vortag

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besuchte Paris und Brüssel bereits am Donnerstag. Ein starkes Europa brauche starke deutsch-französische Impulse, sagte auch sie. 100 Prozent Harmonie gab es bei ihrer Visite aber nicht. Baerbock bekräftige ihre Ablehnung der französischen Pläne zur Einstufung von Atomkraft als "grüne" Energie: "Dass wir zu der Frage nuklear unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt", sagte sie.

Scholz sagte zu der Frage, die Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels seien überall auf der Welt unterschiedlich. Es gehe darum, "eine Kraft zu schaffen, die es möglich macht, jeweils unterschiedlich auf das gleiche Ziel zuzumarschieren, aber gleichzeitig auch etwas zu schaffen, auf das man sich miteinander verständigen kann".

Die Aktivisten von Fridays for Future forderten Scholz dazu auf, sich in Paris klar gegen eine grüne Kennzeichnung von Atomkraft zu positionieren. "Die deutsch-französische Freundschaft darf nicht missbraucht werden, um fossiles Gas und strahlende Nuklearenergie für grün zu erklären", sagte die Aktivistin Carla Reemtsma am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Paris meist erstes Ziel

Der erste Antrittsbesuch von deutschen Kanzlern und Kanzlerinnen geht traditionell nach Frankreich. Gerhard Schröder (SPD) war 1998 sogar schon vor seiner Wahl zum Regierungschef in Paris. 2005 flogen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gemeinsam nach Paris und dann nach Brüssel.

Diesmal ist Außenministerin Baerbock dem Regierungschef Scholz mit ihren Antrittsbesuchen einen Schritt voraus. Die Außenministerin ist am Freitag in Polen, dem zweitgrößten Nachbarland Deutschlands nach Frankreich. Scholz wird in Warschau erst am Sonntag erwartet.

Baerbock wurde bei ihrem Antrittsbesuch in Polen von Präsident Andrzej Duda empfangen. Im Anschluss an das Gespräch mit Duda gab es einen rund eineinhalbstündigen Gedankenaustausch mit Baerbocks polnischem Amtskollegen Zbigniew Rau geplant.

Auf Rechtsstaatlichkeit gepocht

Schon zu Beginn ihrer Serie von Antrittsreisen nach Paris, Brüssel und Warschau hatte Baerbock auf Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit gepocht. Ohne Ungarn und Polen zu nennen, ergänzte sie: "Gerade bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten können wir nicht zulassen, dass Europas Fundamente wegbröckeln." In der EU gibt es seit Jahren Streit mit den Regierungen von Ungarn und Polen, weil sie sich ausweislich etlicher Gerichtsurteile nicht an EU-Recht halten.

Am Nachmittag war neben einem Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft auch ein Treffen mit dem vom polnischen Senat gewählten Ombudsmann für Bürgerrechte geplant. Auf deutscher Seite gilt er als eine um den Ausgleich von Interessen bemühte Persönlichkeit. (APA, 10.12.2021)