Rund 85.000 Kinder unter zwölf Jahren wurden bis jetzt gegen Covid geimpft. Regional sind die Anteile in dieser Altersgruppe recht unterschiedlich verteilt.

Foto: APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Das Nationale Impfgremium (NIG) wird eine Empfehlung für eine Booster-Impfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren abgeben. Das kündigte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Dienstag an. Demnach erwartet der Ressortchef die Empfehlung des Gremiums bereits für Mittwoch. Bisher gab es das Booster-Angebot nur für über 18-Jährige. Nur in Wien wurde die Drittimpfung bisher bereits ab 16 Jahren angeboten.

Für die Impfung von Kindern zwischen fünf und elf Jahren – also noch ohne Booster – gab es vor zweieinhalb Wochen grünes Licht von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA: Konkret betrifft die Zulassung einen eigenen Kinderimpfstoff von Biontech/Pfizer. Die Empfehlung des Nationalen Impfgremiums in Österreich – zwei Impfungen im Abstand von 21 Tagen – folgte am 25. November. Geimpft werden Kinder in diesem Alter in Österreich freilich schon länger – Wien startete Mitte November mit der Off-Label-Impfung. Ab Mittwoch sind im ganzen Land nun die entsprechenden Dosen verfügbar.

Kampagne für Kinderimpfung

Auch hier ist ein Drittel der Erwachsenendosis enthalten – allerdings in einer weniger konzentrierten Lösung. Die Art des Impfstoffs ist aber dieselbe. Beim Kindervakzin kommt zudem eine andere Pufferlösung zum Einsatz, die die Lagerung des Impfstoffs bereits bei Kühlschranktemperaturen ermöglicht. Bis jetzt wurden die Erwachsenendosen einfach reduziert. Mit der Lieferung ist die Impfung ab Mittwoch nicht mehr off-label, weil die richtigen Ampullen zur Verfügung stehen.

Am Dienstag ist die Kinderimpfung auch bei der Nationalratssitzung Thema: Mit einer Mehrheit im Plenum kann eine SPÖ-Initiative für eine breit angelegte Informationsoffensive zur Covid-Schutzimpfung für Kinder unter zwölf Jahren rechnen.

Niederösterreich vorn, Vorarlberg hinten, Wien will ausweiten

Interesse an der Impfung sei laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) da – allerdings mit regionalen Unterschieden. In Niederösterreich ist der Anteil der geimpften Kinder in dieser Altersgruppe derzeit am höchsten, danach folgt Wien – hier wurden auch einige Kinder aus anderen Bundesländern geimpft. Schlusslichter sind momentan Vorarlberg und Kärnten. Rund 85.000 Kinder zwischen fünf und elf wurden bereits gegen Covid geimpft.

In Wien wurde bereits angekündigt, dass das Impfangebot für Kinder ausgebaut werde, sobald die entsprechenden Ampullen zur Verfügung stehen. Angedacht wurde etwa, auch andere Impfstellen abseits des Austria Center sowie niedergelassene Ärzte mit den Ampullen zu versorgen, weil die Lagerung dieser Dosen vergleichsweise einfacher zu handhaben ist. Überlegt wurde zudem, dann Kinderimpfungen auch ohne Termin anzubieten. Das Angebot der Kinderimpfstraße im Austria Center mit Terminen gilt aber jedenfalls bis Jahresende. Insgesamt hat Wien bis Ende des Jahres 59.800 Impftermine für diese Altersgruppe freigeschaltet.

Bisherige Erfahrungen laut Kinderarzt positiv

Rudolf Schmitzberger, Kinder- und Jugendarzt in Wien und Leiter des Impfreferats in der Ärztekammer, betonte im Ö1-"Morgenjournal", man müsse von der "Thematik der Pflicht wegkommen, denn auch Kinder haben ein Recht auf die Impfung". Die Erfahrungen mit der Impfung seien bisher sehr gut, sagte Schmitzberger mit Verweis auf Daten aus den USA, wo Kinder schon länger geimpft werden. Die Nebenreaktionen der Impfung seien ähnlich wie bei Erwachsenen – also eventuell Kopfschmerzen oder leichte Temperatur. Wichtig sei auch, dass die Kinder sich nach der Impfung etwa eine Woche mit körperlicher Aktivität etwas zurückhalten, sagte der Kinderarzt.

Es sei wichtig, Ängste und Sorgen zu beseitigen. "Die allerwenigsten sind wirklich Impfgegner, sondern einfach verunsichert", sagt Schmitzberger. Bei den Kindern gelte das noch mehr. "Aber da muss man sagen – wir haben ausgezeichnete Entscheidungsträger in den wissenschaftlichen Gremien."

Bundesschulsprecherin fordert mehr Impfaufklärung an Schulen

Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller, erklärte am Dienstag bei einer Pressekonferenz, zu der ihr Verband lud, weshalb die Kinderimpfung wichtig ist: Es sei schlichtweg ein Schritt zurück ins Leben.

Kinderinfektiologe Florian Götzinger betonte, es gehe bei der Kinderimpfung um Solidarität: Nun könne man diese den Kindern gegenüber beweisen, indem man sie vor dem Virus schützt. Denn auch Kinder hätten bisher ein großes Ausmaß an Solidarität gezeigt – Stichwort Schulschließungen. "Wenn alle Erwachsenen geimpft wären, müssten wir die Kinderimpfung gar nicht in dem Ausmaß diskutieren. Leider ist das nicht der Fall."

Schulschließungen sprach auch Bundesschulsprecherin Susanna Öllinger an – unter diesen würden viele Schülerinnen und Schüler leiden, "denn Schule ist auch ein Ort der Begegnung". Auch Kinder und Jugendliche könnten schwer an Covid erkranken oder an Langzeitfolgen leiden, betonte sie. Sie selbst sei an Covid erkrankt und kämpfe seither mit Nachwehen. "Wir müssen die Schulen als Ort für wirkliche Impfaufklärung nutzen", sagt sie. Es brauche auch die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler Fragen stellen können – gerade in sozialen Netzwerken würden viele Fake-News zu der Impfung kursieren. Auch die Eltern sollten an dieser Aufklärung teilnehmen, meint Öllinger, weil viele auf ihre Kinder Druck gegen eine Impfung ausüben würden. "Jeder und jede kann einen Beitrag leisten, dass diese Pandemie endet. Und da gehören auch wir Junge dazu."

Warum das Nationale Impfgremium die Kinderimpfung empfiehlt

Einblicke in die Entscheidung für die Empfehlung im Nationalen Impfgremium gab Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium und Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Natürlich seien nicht alle Infektionen bei Kindern symptomatisch, aber klar sei auch, dass auch Kinder erkranken, auch Spitalsaufenthalte gebe es immer wieder. Außerdem: Das Hyperinflammationssyndrom – es tritt zwei bis acht Wochen nach einer Corona-Infektion auf und ist nur bei Kindern bekannt, sie bekommen plötzlich sehr hohes Fieber und können im ganzen Körper Entzündungen haben – könne auch nach asymptomatischen Erkrankungen auftreten, Spätfolgen sowieso.

Deswegen sei es eine "relativ kurze Diskussion" im Nationalen Impfgremium gewesen. Zu den Vergleichen mit Erkrankungen von Erwachsenen müsse auch gesagt werden, dass auch gegen andere Erkrankungen, die extrem selten vorkommen, geimpft wird – etwa Rotaviren oder Meningokokken. Da sei es "überhaupt keine Frage. Deswegen war es für uns auch kein Thema, die Covid-Impfung ab fünf Jahren zu empfehlen", sagt Paulke-Korinek.

In Österreich sei die Entscheidung deswegen anders ausgefallen als in Deutschland – wo die Ständige Impfkommission die Impfung derzeit in der Altersgruppe fünf bis zwölf Jahre nur Kindern mit Vorerkrankungen empfiehlt – weil es sehr viele hervorragende Kinderärzte gebe, die Daten zur Krankheitslast bei Kindern zur Verfügung gestellt hätten. Es brauche immer die Gegenfrage: Was spricht gegen die Impfung? Man wisse schließlich, dass die Impfung sicher sei – auf der anderen Seite würde Covid-19 stehen.

Für Kinder unter fünf Jahren ist derzeit kein Impfstoff zugelassen. "Wir wissen nichts über Dosierung oder Verträglichkeit", sagte Paulke-Korinek und verwies auf die Wichtigkeit der Impfung im Umfeld von Kleinkindern.

Long Covid als großes Thema

Zwei bis sechs Prozent aller Kinder, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, sind laut Studien von Long Covid betroffen. Kinderinfektiologe Götzinger behandelt Kinder mit Long Covid und gab dazu Einblicke. "Wenn wir eine hohe Zahl an gleichzeitigen Infektionen bei Kindern haben, dann bleibt das einfach ein Zahlenspiel: Etwa zwei Prozent entwickeln Long Covid. Diesen Kindern geht es zum Teil sehr schlecht, und die sind zu versorgen." Das könne auch so weit gehen, dass ein Kind gar nicht mehr belastbar sei. "Sehr auffällig" sei laut Götzinger, dass die allermeisten jungen Patientinnen und Patienten mit Long Covid aus einem Umfeld mit hohem sozioökonomischen Background kämen. "Wir haben also eine große Sorge, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt und viele Probleme unentdeckt bleiben." (Lara Hagen, 14.12.2021)