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Menschen, die Missstände aufdecken, werden künftig besser geschützt. Österreich befindet sich bei der Umsetzung der EU-Vorgaben aber im Verzug.

Foto: AP Photo / Virginia Mayo

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Bald wird das Arbeitsministerium einen ersten Entwurf für das Whistleblower-Gesetz vorlegen. Dass die EU-Vorgaben zum Schutz von Menschen, die Missstände aufdecken, noch fristgerecht in österreichisches Recht gegossen werden, kann aber zum jetzigen Zeitpunkt schon ausgeschlossen werden.

Eigentlich müssen die Nationalstaaten die Richtlinie bis 17. Dezember umsetzen. Österreich befindet sich allerdings im Verzug – und damit in bester Gesellschaft: Fast alle EU-Staaten – mit Ausnahme von Schweden und Dänemark – werden die Frist nicht einhalten. Grund für die Verzögerungen Österreichs dürften politische Unstimmigkeiten sein. In einem Arbeitsentwurf, der dem STANDARD vorliegt, sind zentrale Punkte der Reform noch offen.

Die Richtlinie der EU soll einheitliche Schutzstandards für Whistleblower schaffen. Behörden und Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern müssen künftig Meldekanäle für Whistleblower einrichten. Unternehmen ab 50 Mitarbeitern sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Whistleblower werden durch die Richtlinie umfassend vor rechtlichen Konsequenzen geschützt – etwa vor Kündigung, Gehaltskürzung oder Schadenersatz.

Strittige Punkte

Der Vorentwurf zur Umsetzung der EU-Vorgaben ist zwar bereits weit fortgeschritten, in einigen wenigen, zentralen Punkte dürfte aber noch Uneinigkeit zwischen den Verhandlern herrschen. So soll das Gesetz etwa bei Verstößen gegen Vergaberecht, Umweltschutz und Datenschutz greifen. Unklar bleibt allerdings, ob die Regelung auch für das Korruptionsstrafrecht gelten wird. Eine europarechtliche Verpflichtung gäbe es dazu nicht.

Zudem ist offen, ob Unternehmen anonymen Meldungen nachgehen müssen. Die Identität von Whistleblowern wird zwar von den Meldestellen geheim gehalten, viele fühlen sich unter dem Schutz der absoluten Anonymität aber sicherer. "Wenn die Hemmschwelle zu hoch ist, weil der Name angegeben werden muss, werden sich viele potenzielle Hinweisgeber gar nicht erst melden", sagt Rechtsanwalt Peter Wagesreiter.

Ähnlich formuliert es eine andere, mit der Materie vertraute Person: "Besteht keine Pflicht, anonymen Meldungen nachzugehen, dann ist das wirklich eine verpasste Chance." Die Anonymität sei bei der praktischen Anwendung des Gesetzes entscheidend.

Strafen bis zu 20.000 Euro

Laut dem Entwurf sind Whistleblower dann geschützt, wenn sie davon ausgehen können, dass die von ihnen gegebenen Hinweise wahr sind. Nur "offenkundig falsche" oder "irreführende" Meldungen sind verboten. Hinweisgeber sollen sich zunächst an die Meldestelle im eigenen Unternehmen wenden. Ist das nicht zumutbar, können sie auf einen externen Meldekanal zurückgreifen. In Ausnahmefällen dürfen Whistleblower ihre Hinweise auch direkt an Medien schicken – etwa dann, wenn die Gefahr besteht, dass Beweise unterdrückt werden oder eine "Notsituation" vorliegt.

Setzt das Unternehmen Vergeltungshandlungen wie Kündigungen, Gehaltsreduktionen oder Disziplinarmaßnahmen, drohen Geldstrafen bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro. Schutz besteht auch im Fall von Mobbing, Diskriminierung oder Rufschädigung. Strafen soll es auch dann geben, wenn Whistleblower behindert oder unter Druck gesetzt werden. Hinweisgebern selbst drohen Konsequenzen, wenn sie "wissentlich falsche oder irreführende" Meldungen erstatten.

Mindestvorgaben erfüllt

Bleibt das Korruptionsstrafrecht ausgeklammert und müssten anonyme Meldungen nicht geprüft werden, würde Österreich nur die Mindestvorgaben der EU-Richtlinie umsetzen. Wann der endgültige Gesetzesentwurf präsentiert wird, will man im Arbeitsministerium noch nicht sagen. Dass das Gesetz wie geplant mit Beginn des nächsten Jahres in Kraft tritt, ist aufgrund der Begutachtungsfristen aber praktisch ausgeschlossen. (Jakob Pflügl, 16.12.2021)