Friedrich Merz schaffte es im dritten Anlauf zum CDU-Chef. Doch er ist nicht der Heilsbringer, für den ihn viele halten.

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Klare Kante – das ist jener Ausdruck, den man mit Friedrich Merz in Verbindung bringt. Der neue CDU-Chef kann zuspitzen wie nur wenige im Berliner Politbetrieb. Seit langem galt er vielen in der CDU als Sehnsuchtsfigur, auf die sie ihre Hoffnungen projizierten: Mit Merz an der Spitze würde der CDU wieder zu altem Glanz verholfen. Konservative, die frustriert zur AfD gewechselt waren, würden zurückfinden.

Nun haben die Frauen und Männer an der CDU-Basis selbst klare Kante gezeigt und überraschend deutlich für Merz votiert. Man erinnere sich: Als er 2018 und 2021 antrat, verlor er nur knapp. Nun aber gewann er so haushoch, dass nicht mal mehr eine Stichwahl nötig ist.

Bisher glücklose Merkel-Nachfolge

Viele Jahre war die CDU nicht gut aufgestellt. Angela Merkel hat die Parteiarbeit am Schluss deutlich schleifen lassen, ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer war so glücklos wie der nächste Chef Armin Laschet. Dieser verspielte bei der Bundestagswahl im September sogar das Kanzleramt.

Es besteht in der CDU offensichtlich große Sehnsucht nach einem "starken Mann", der alle Kraft auf die Parteiarbeit richtet und zugleich der Ampel aus SPD, Grünen und FDP gut Paroli bieten kann.

Alternative zu Ampelpositionen

So einer ist Merz zweifelsohne. Die Möglichkeiten der Opposition auf der politischen Bühne sind begrenzt, Merz wird sie zu nutzen wissen. Sein konservatives Profil kann eine deutliche Alternative zu den Ampelpositionen sein und dürfte den politischen Diskurs in Deutschland beleben.

Andererseits: Merz ist nicht der Heilsbringer, für den ihn viele halten. Trotz allen Engagements: Er ist ein Mann von gestern, keiner für morgen. Wer Aufbruch möchte, wählt keinen 66-Jährigen an die Spitze. Er wird gebraucht für den Übergang, weil die Partei nach so vielen Jahren mit Merkel personell ausgeblutet ist. Viele Jahre kann die CDU nicht mit ihm planen, sie braucht bald einen echten Neuanfang. (Birgit Baumann, 17.12.2021)