Uns ist ein Kindlein geboren. Denn der Schoß der niederösterreichischen ÖVP ist fruchtbar noch und noch, da muss man den Lebensbereich der Familie Pröll gar nicht verlassen, um den neuen Heiland zu produzieren. Alexander heißt er diesmal, im saftigsten Kurz-Alter steht er, und seine Partei soll er als Geschäftsführer aus von allen guten Geistern verlassenen Gründen wieder zu des Regierungsheiles Erb emporführen. Und dabei natürlich möglichst rasch die von Gott verlassenen Gründe eines Finanzministeriums vergessen lassen, wo ein Hurentreiber auf seinem persönlichen Beamtenstrich jene Reichen begünstigte, die sich Nadeln kaufen müssen, um durch ein Öhr in den Himmel zu kommen. Da war es nur ein Akt christlichsozialer Nächstenliebe, sich einen Wolf zu labern, um ihnen schon auf Erden einen Blick ins Steuerparadies zu gewähren. Und das alles hinter dem Rücken eines Bundeskanzlers, der von all dem nichts gewusst. Er doch nicht.

Die österreichische Geschichte hat auch ihre wenig ruhmreichen Phasen. Die Jahre seit 2017 und vor allem das auslaufende Dreikanzlerjahr wird man dazurechnen müssen. Alle Versuche von einer Seite, daran etwas zu beschönigen, waren bisher nur von immer neu auftauchenden Chats begleitet, gekrönt vom Versuch der schwarzen Landeshauptleute, sich aus ihrer Verantwortung zu stehlen. Und letztlich mitgetragen von den Grünen, die die Amtsunfähigkeit von Sebastian Kurz erst erkannt haben wollten, nachdem man sich in der ÖVP über seine Unhaltbarkeit längst im Klaren war. Sich nun unter dem Titel Klimaschutz am Wiener Bürgermeister für die Rolle rächen zu wollen, die sie unter Kurz gespielt haben, ist kläglich.

Das auslaufende Dreikanzlerjahr kann man nicht schönreden.
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Botschaft

Am Ende dieses Annus horribilis hat der Bundespräsident aus dem üblichen Anlass wieder mit einer Botschaft zugeschlagen, in der er an das Gute im österreichischen Wesen appelliert. Ein früherer Versuch in diese Richtung, sein "So sind wir nicht!", wurde angesichts der Fakten, auf die er anspielte, als wenig gelungen empfunden. Seine spätere Korrektur, eigentlich habe er gemeint "So wollen wir nicht sein" – wieder daneben. Es ist sinnlos, die Augen davor zu verschließen, dass in diesem Land Leute ihr Unwesen treiben, die unter der Anmaßung "Wir sind das Volk" genau so sein wollen, wie der Bundespräsident und mit ihm der überwiegende Teil der Bevölkerung eben nicht sein wollen. Die verlangte Fähigkeit, in einem Neonazi das Gute zu sehen, ist auch zu Weihnachten nicht jedem gegeben, und beim politischen Invermectin-Vertreter Herbert Kickl hat der Bundespräsident neulich selber gestanden, sich mit ihm schwerzutun.

Auch Gräben zuzuschütten, "die die Pandemie verursacht haben mag", hieße, an der falschen Stelle zu arbeiten. Die Pandemie ist unschuldig, man müsste sich endlich um die Gräben kümmern, die mit der aggressiven Leugnung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis aufgerissen werden, wobei die Aggression vor Spitälern und ihrem Personal nicht mehr haltmacht.

Meinungsforscher haben ein dramatisch sinkendes Vertrauen ins "politische System" festgestellt, sozial gestaffelt. Aber nicht die Demokratie verliert an Vertrauen, was sinkt, ist das Vertrauen in Regierungsparteien, die politische Selbstbedienung über das Wohl der Bevölkerung stellen, und das bis zur Hurerei. Dazu ein vertrauensvolles 2022. (Günter Traxler, 25.12.2021)