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2020 ist Wirecard spektakulär zusammengebrochen. Ex-Chef Markus Braun sitzt in U-Haft. Eine Anklage könnte im März fertig sein.

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Das kommende Jahr steht im Zeichen der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals. Das Münchner Oberlandesgericht geht im Wirecard-Betrugsskandal von einer Anklage bis Mitte März aus. Das habe der zweite Strafsenat in einem Beschluss geschrieben, sagte ein Gerichtssprecher.

Einschränkung ist demnach allerdings, dass keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten bei den Ermittlungen auftreten. Der ehemalige Wirecard-Vorstandschef und gebürtige Österreicher Markus Braun sitzt seit eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft, Mitte März ist der Termin der nächsten Haftprüfung. Sein Co-Vorstand Jan Marsalek ist seit dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters auf der Flucht.

Eile geboten

Staatsanwaltschaften sind in Haftsachen zur Eile angehalten, damit Beschuldigte nicht ohne Urteil für lange Zeit im Gefängnis sitzen. Mit dem Hinweis des OLG rückt ein Prozessauftakt gegen Braun und andere Beschuldigte näher. Nach einer Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft muss aber das Landgericht München entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

In Bezug auf die mutmaßlich gefälschten Bilanzen von Wirecard könnte es im Frühjahr das erste Gerichtsurteil geben. In einem Zivilprozess von großer Bedeutung für Aktionäre, Finanzamt und auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY setzte das Münchner Landgericht nach der mündlichen Verhandlung in der Vorwoche als Verkündungstermin den 5. Mai fest.

Wirecard hatte 2017 und 2018 hohe Gewinne von zusammen mehr als 600 Millionen Euro ausgewiesen und einen zweistelligen Millionenbetrag an Dividenden ausgeschüttet. Nach den Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft gab es diese Gewinne in der Realität aber nicht. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Wirecard-Vorstand Banken und Investoren um etwa drei Milliarden Euro betrogen hat. Ein Verkündungstermin bedeutet in Zivilverfahren allerdings nicht unbedingt auch ein Urteil. Denkbar wäre auch eine umfangreiche Beweisaufnahme, wie der Vorsitzende Richter Helmut Krenek sagte. Insolvenzverwalter Michael Jaffé will die Wirecard-Jahresabschlüsse für 2017 und 2018 mitsamt den dazugehörigen Hauptversammlungsbeschlüssen für nichtig erklären lassen.

Mögliche Grundlage für Rückforderungen

Jaffé beziffert in seiner Klage die Überbewertung der Wirecard-Bilanz im Jahr 2017 auf 743,6 Millionen und 2018 auf 972,6 Millionen Euro. Sofern die Kammer dem stattgibt, könnte das die Grundlage für Dividenden- und Steuerrückforderungen des Insolvenzverwalters gegen Aktionäre bzw. das Finanzamt sein. Verklagt hat der Insolvenzverwalter die Wirecard AG. Das Unternehmen existiert nur noch als rechtliche Hülle. Falls der Insolvenzverwalter gewinnt, würden nach Einschätzung der Anlegeranwältin Daniela Bergdolt auch die Erfolgsaussichten der vielen Aktionärsklagen gegen die Prüfungsgesellschaft EY steigen, die die betreffenden Wirecard-Bilanzen testiert hatte. (dpa, 24.12.2021)