"Es ist schwierig, (darüber) keine Satire zu schreiben", wusste schon der alte Römer Juvenal. Also gehen wir die jüngste Aussage von Bundeskanzler Karl Nehammer – "Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem" – inhaltsanalytisch an. Die Formulierung könnte auch so verstanden werden, dass die ÖVP ihre Korruption als vollkommen selbstverständlich und natürlich betrachtet. Das wird Nehammer wahrscheinlich nicht gemeint haben.

Für Bundeskanzler Nehammer hat die ÖVP kein Korruptionsproblem.
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Aber der Bundeskanzler wollte in dem Interview wohl sagen, dass die Volkspartei völlig frei von Korruption sei. Der lateinische Begriff bedeutet "Verderbtheit, Verfall, Bestechlichkeit". Korrupt ist, wer unter Ausnutzung seiner Stellung einen Vertrauens- oder Machtmissbrauch begeht. Nehammer weiß natürlich, dass es bei den Untersuchungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft – Postenschacher, Staatsgelder für verfälschte "Basti ist der Größte"-Umfragen, gewaltige Steuernachlässe für einen Kurz-Förderer – genau darum geht. Er zieht sich aber auf die Position "noch ist nichts gerichtlich erwiesen" zurück. Weswegen mussten dann Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Blümel zurücktreten?

Es gibt so etwas wie eine politische Verantwortung, nämlich das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie nicht zu erschüttern. Die ÖVP hat gegen diesen Grundsatz massiv verstoßen. Wenn der Bundeskanzler aber so wenig Einsicht zeigt, ist wirklich kein Raum für Satire – sondern für Besorgnis. (Hans Rauscher, 29.12.2021)