Die Kultur hält 2022 einiges bereit, auf das man sich freuen kann.

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Film

Wenn alles gutgeht, dann legt der Festivalzirkus mit der Berlinale im Februar los, wo etwa Kelly Reichardts Showing Up, ein Künstlerinnenporträt mit Michelle Williams, Claire Denis’ Radiofilm Fire und/oder Ulrich Seidls lange erwarteter Böse Buben am Start sein könnten.

Das Jahr hat noch einige richtig vielversprechende Produktionen mehr zu bieten – ein kleiner Auszug: Noah Baumbach hat für Netflix Don DeLillos White Noise mit Adam Driver verfilmt, Yorgos Lanthimos präsentiert mit Poor Things eine weitere Literaturverfilmung u. a. mit Willem Dafoe. Und Cannes-Sieger Ruben Östlund hat mit Triangle of Sadness einen Film im Model-Milieu gedreht. Von Martin Scorsese kommt der epische Killers Of The Flower Moon, ein Drama um die Ermordung von reichen Native Americans in den 1920ern mit voluminösem Cast: Robert De Niro, Leonardo DiCaprio und Jesse Plemons.

Martin Scorsese bringt 2022 Neues mit einem voluminösen Cast heraus.
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Freuen darf man sich über ein Comeback von David Cronenberg mit einem Horrorfilm (samt Viggo Mortensen), auch Jordan Peele legt im selben Genre nach – der Inhalt von Nope ist streng geheim. Schon im März wird sich Robert Pattinson als Batman präsentieren, die Oscar-Verleihung ist am 27. dieses Monats – möglicherweise mit dem österreichischen Kandidaten Große Freiheit. An der Sequel-Front kommen Blockbuster wie Mission Impossible 7, auch James Cameron kehrt mit neuem Avatar zurück – dem ersten von vier. (kam)

Theater

Das neue Jahr beginnt im Theatermuseum gleich mit einer neuen Direktorin – Marie-Theres Arnbom übernimmt von Thomas Trabitsch. Sonst ändert sich personell nicht sehr viel. Eines aber doch: Karin Bergmann, Ex-Burgtheater- Direktorin, bringt ab 2022 als neue Theaterchefin der Salzkammergut Festwochen Gmunden neuen Schwung in das Programm. Erstmals seit Jahrzehnten wird hier zum 150-jährigen Bestehen des Gmundner Stadttheaters eine Eigenproduktion gestemmt: Schnitzlers Reigen in der Regie von Franz-Xaver Mayr.

Selbiges Stück haben sich in einer Neufassung auch die unweit gelegenen Salzburger Festspiele vorgenommen, die ihrerseits für Ingolstadt nach Marieluise Fleißer mit dem Burgtheater kooperieren und die erstmals mit Regisseurin Ewelina Marciniak (Iphigenia) sowie Thorsten Lensing arbeiten (Verrückt nach Trost).

Publikumsliebling als Publikumsgarant? Maria Happel übernimmt die Festspiele in Reichenau.
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Aber nochmals zurück: Mit einjähriger Verspätung kann am 13. Jänner die Uraufführung des dokumentarischen Projekts Go for it let go von Christine Gaigg im Tanzquartier Wien gefeiert werden. Ab 26. Jänner beginnt der Vorverkauf für Romeo Castelluccis Requiem (2019), das die Wiener Festwochen heuer als Prolog im April ausrichten – das restliche Programm bleibt noch unter Verschluss.

Ein weiterer Neustart hat es in sich: Burgschauspielerin Maria Happel ist neue künstlerische Leiterin der Festspiele Reichenau und öffnet in der Semmeringer Paradieslandschaft am 2. Juli erstmals die Pforten. (afze)

Literatur

Alle paar Jahre geht das Bücherjahr mit einem neuen Roman von Michel Houellebecq los. 2022 ist es wieder so weit. Mehr, als dass es 600 Seiten zählen und sich wieder einmal um "die drängenden Themen unserer Zeit" drehen wird, ist von Vernichten (11. 1.) noch nicht bekannt. Aber: Für Aufregung ist der Franzose immer gut. Zum dritten Mal eröffnet Monika Helfer das Literaturjahr nun schon mit einem Aspekt ihrer Familiengeschichte, in Löwenherz (24. 1.) geht es um den Bruder der Autorin.

Autor Orhan Pamuk hat in der Türkei wegen seines neuen Buches Ärger.
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In dem Dokumentarroman Wuhan (26. 1.) schickt Liao Yiwu dann einen Bürgerjournalisten an den Ausbruchsort der Corona-Pandemie, politisch wird auch Doron Rabinovicis Die Einstellung (14. 2.) über den Spitzenkandidaten einer populistischen Partei. Wegen des Vorwurfs, im Roman Die Nächte der Pest (14. 2.) Kemal Atatürk zu verhöhnen, soll Orhan Pamuk in der Türkei angeklagt werden. Neues gibt’s auch von Leila Slimani (Der Duft der Blumen bei Nacht, 28. 2.), Teresa Präauer ( Mädchen, 9. 3.), Karl Ove Knausgård (Der Morgenstern, 11. 4.) und Sibylle Berg (RCE, 5. 5.). Bei Wolf Haas (Müll, 2. 3.) ist mal wieder was passiert.

Man liest nicht nur im stillen Kämmerlein. Wenn die Leipziger Buchmesse im März 2022 erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder über die Bühne ginge, wäre das aus österreichischer Sicht auch deshalb erfreulich, weil wir heuer Gastland sind. Katja Gasser kuratiert den Auftritt. (wurm)

Kunst

Das bevorstehende Jahr kündigt sich als wahres Super-Kunst-Jahr an. Aufgrund der Corona-bedingten Verschiebung fällt die Venedig-Biennale (ab 23. 4.) nun – Österreich wird von dem Duo Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl vertreten – mit der alle fünf Jahre stattfindenden Documenta 15 (ab 18. 6.) in Kassel zusammen. Die Manifesta (ab 22. 7.), die sich bei ihrer 14. Ausgabe in Prishtina niederlässt, macht das Trio der internationalen Großausstellungen komplett.

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Die Albertina Modern zeigt ab März Werke von Ai Weiwei.
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Hierzulande eröffnet das Untere Belvedere nach einer Generalsanierung mit der umfangreichen Schau Dalí – Freud. Eine Obsession (28. 1.), die den spanischen Surrealisten und den Wiener Psychoanalytiker zusammenbringt. Die Albertina kann endlich ihre Edvard Munch-Ausstellung (18. 2.) zeigen, in der Albertina Modern werden Werke des chinesischen Allrounders Ai Weiwei (16. 3.) zu sehen sein. Auch sonst werden große Namen anvisiert: Im Februar darf man mit David Hockney (10. 2.) im Kunstforum Wien und im September mit der deutschen Medienkünstlerin Hito Steyerl (23. 9.) im Kunsthaus Graz rechnen. In der Landesgalerie Niederösterreich in Krems überrascht ein Projekt der japanischen Installationskünstlerin Chiharu Shiota (2. 7.). Und wenn nicht wieder etwas dazwischenkommt, soll im Sommer das 6-Tage-Spiel (25. bis 30. 7.) von Aktionist Hermann Nitsch in Prinzendorf realisiert werden. (kr)

Pop

Mittlerweile wurden Konzerte und Festivals so oft verschoben, dass auch das Jahr 2022 bezüglich Planungssicherheit mit Vorsicht zu genießen ist. Weil aber die heimischen Publikumslieblinge Bilderbuch am 25. 3. zumindest ihr neues Album Gelb ist das Feld definitiv veröffentlichen werden, will man davon ausgehen, dass auch eine anschließende Tournee stattfinden wird. Diese wird Bilderbuch als Headliner auch zum FM4-Frequency-Festival nach St. Pölten führen (18.8.–20.8.), das heuer mit Raf Camora oder Yung Hurn vor allem auf heimische Acts setzt. Das Nova Rock in Nickelsdorf (9.6.–12.6.) bietet neben erwartbarer Kost wie Muse, Rise Against oder Steel Panther als Mitternachtseinlage zwei große Alte des Eurotrash, Haddaway und Dr. Alban. Das Donaufestival in Krems (29.4.–1.5. und 6.5.–8.5.) wird das Line-up noch bekanntgeben, ebenso das Popfest Wien (28.7.–31.7.).

Neues Album und wohl auch eine Tour: Bilderbuch.
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Am 5. 8. wird Nick Cave auf der idyllischen oberösterreichischen Burg Clam gastieren. Dort muss sich auch Altmeister John Cale beim Clam Rock gegen die Überreste von Deep Purple, Uriah Heep, The Sweet und The Doors durchsetzen (8.7.). Ed Sheeran leidet und frohlockt am 1. 9. im Wiener Ernst-Happel-Stadion, The Cure verbreiten am 23. 10. in der hiesigen Marx-Halle milde Depression. Wolfgang Ambros feiert ab 17. 3. sein 50-jähriges Bühnenjubiläum mit einer großen Tournee. Impfgegner Van Morrison gastiert am 19. 7. im Römersteinbruch St. Margareten, Kollege Eric Clapton am 4. 6. in der Wiener Stadthalle. (schach)

Klassik/Jazz

Pandemiebedingt ist "Unsicherheit" das zentrale Motto des Kulturjahrs 2022. Optimisten hoffen allerdings, dass es nicht knüppeldick kommt und freuen sich bezüglich der Salzburger Festspiele u. a. auf den subtilen Regisseur Christof Loy. Er inszeniert Puccinis Il Trittico (29. 7.) und hat in allen drei Hauptrollen Sopranstar Asmik Grigorian als Aktivposten. Zuvor noch ein Abschied: Bei den Salzburger Osterfestspielen beendet Dirigent Christian Thielemann seine Tätigkeit als künstlerischer Leiter mit Wagners Lohengrin (9. 4. , Inszenierung von Jossi Wieler) und übergibt an Nikolaus Bachler.

2022 wieder bei den Salzburger Festspielen: Sopranstar Asmik Grigorian.
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Überhaupt ist 2022 einiges mit Wagner los, es kommt ja mutmaßlich der verschobene Ring in Bayreuth. Hierzulande bietet die Staatsoper einen neuen Tristan (14. 4., Regie Calixto Bieito), am Linzer Musiktheater wagt man sich an Parsifal (12. 3.), und eine musiktheatralische Presswurst besonderer Güte gibt es an der Grazer Oper: den Ring an einem Abend mit den legendären Sprechtexten von Loriot (5. 5.). In Wien lernt man indes den Regiestil der neuen Direktorin der Volksoper kennen. Allerdings im Theater an der Wien, wo Lotte de Beer Janáčeks Jenůfa inszeniert (16. 2.). Musiktheater unter freiem Himmel? Pilgern Sie nach Mörbisch, wo Neointendant Alfons Haider mit The King and I (14. 7.) versucht, Massen anzulocken. Bei den Bregenzer Festspielen genießen Sie am See Puccinis Madama Butterfly (21. 7.). Indoorfans gehen natürlich ins Porgy & Bess und hören den Stil von Billie Holiday, interpretiert von Madeleine Peyroux (8. 2.). (toš, 1.1.2022)