Ursula Strauss als "Maria Theresia" am 6. Jänner auf ORF 2, Regie von Robert Dornhelm.

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Und kugelrund im fortgeschrittenen Alter.

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Diese Maria Theresia wiegt schwer – im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Spachtelmasse im Gesicht und Fatsuit um den Körper tritt Ursula Strauss zum fünften Mal an, um die im fortgeschrittenen Alter knödeldick auseinandergegangene Kaiserin darzustellen. Das Porträt des Schwergewichts der österreichischen Habsburgermonarchie geht unter der Regie Robert Dornhelms am 6. Jänner im ORF in die letzte Runde.

Nicht ganz leicht war auch das abgelaufene Jahr für Strauss, wie sie im Interview erzählt. Nach einer Covid-Infektion erholte sie sich nur langsam: "Ich hatte alle Symptome, die man so haben kann, und es ging mir wirklich nicht sehr gut. Dazu kamen die Angst in dieser unbekannten Situation und die Isolation. Ich war lange sehr geschwächt." Die Folgen der Erkrankung spürt sie noch immer.

STANDARD: Ursula Strauss mit Dickenmaske: eine neue Erfahrung für den Zuschauer, auch für Sie?

Strauss: Ich hatte bereits das Vergnügen! In einem Film über Käthe Kruse trug ich auch eine Alterungsmaske, allerdings mit weit weniger Material. Das im wahrsten Sinne des Wortes Erschwerende an der Maske bei Maria Theresia war das Gewicht. Zusammen mit den nicht gerade leichten Kostümen war das wirklich eine körperliche Herausforderung.

STANDARD: Woran könnte der Laie erkennen, dass unter Corona-Bedingungen gedreht wurde?

Strauss: Der Laie kann es im besten Fall gar nicht erkennen, weil am Set die höchsten Sicherheitsvorschriften gelten. Das wird mit täglicher Testung gewährleistet. Die meisten Teammitglieder sind außerdem geimpft. Alle arbeiten den ganzen Tag mit Maske, sobald wir Schauspieler das Set verlassen, tragen auch wir selbstverständlich Masken. Die Mittagstische werden mit Abständen eingerichtet, und wir versuchen uns nicht zusammenzuklüngeln. Passieren kann aber immer etwas. Das Virus ist tückisch, man muss höllisch auf sich und auf den anderen aufpassen. Jeder versucht, so gut wie möglich mit der Situation umzugehen und den Humor nicht zu verlieren. Am Set ist das Abstandhalten eine Höchstleistung, und die Situation insgesamt vereinzelt sehr.

STANDARD: Maria Theresia, die fünfte – jetzt ist sie alt, wie haben Sie sie als Figur verändert? Ganz neu oder schon mit der Historie, die der Film ihr gegeben hat?

Strauss: Ich habe versucht, mich ihr zu nähern durch eine gewisse Disziplin im Umgang mit Emotionen beziehungsweise Schwächen, die eine Herrscherin tunlichst vermeiden sollte zu zeigen. Ich stelle mir vor, dass eine Regentin, die die Verantwortung für ein so großes Reich trägt, eine gewisse Strenge mit sich selbst an den Tag legen muss. Daran habe ich versucht, mich zu orientieren. Ich habe aber auch das Gefühl gehabt, dass eine gewisse Herzenswärme und auch ein klein wenig Humor nicht fehlen dürfen.

STANDARD: Was ist das Heutige an Maria Theresia?

Strauss: Mit Sicherheit die Art und Weise, wie sie mit ihrer Familie umging. Sie war eine kluge Schachspielerin, hat zum Beispiel ihrem Mann Franz Stephan das Rampenlicht geschenkt, indem sie ihm die Kaiserwürde überlassen und nicht für sich beansprucht hat. Mit der Kaiserwürde war kein Machtanspruch verbunden, aber viel Aufmerksamkeit. Der Titel gehörte ihr als Ehefrau trotzdem, aber Franz Stephan hatte seinen großen Tag im Licht. Und ich würde ihre Ehe als modern bezeichnen. Beide waren in die Kindererziehung eingebunden, haben ihre Kinder gut gekannt und versucht, die jeweiligen Stärken ihrer Nachkommen zu fördern.

STANDARD: Wie beeinflusst das Kostüm Ihr Schauspiel? Die Korsage – Bauch hinein, Brust heraus – ist ja auch eine Ansage?

Strauss: Die Haltung, die einem durch diese Kleider aufgezwungen wird, lässt meinen Respekt vor den Frauen von damals aber noch größer werden. Kein Wunder, dass man bei der kleinsten Aufregung in Ohnmacht fiel. Man kann ja in diesen Korsagen nur schwer atmen. Das Wort Hysterie ist aus diesem Grund weiblich konnotiert. Die Frauen hyperventilierten bei der geringsten Aufregung. Sie waren im eigenen Sein eingeschnürt, in der eigenen Bewegung eingeschränkt. Eine perfide Form des Gefängnisses, das man täglich am eigenen Leib mit sich herumtrug. In meinem Fall war das Motto allerdings eher Bauch heraus. Ich hatte unter dem Kleid einen Fatsuit, eine Art Body mit Watteschichten. Das war eigentlich sehr angenehm, weil ich nicht aufpassen musste, was ich esse (lacht).

STANDARD: Brust heraus galt aber doch – ich spiele auf das Dekolletee an. Von historischen Porträts Maria Theresias kennt man die üppig ausgestellten Formen nicht so sehr.

Strauss: Das hat vielleicht damit zu tun, dass ich nicht ganz so üppig gebaut bin, wie Maria Theresia es war. So hat man versucht, die Üppigkeit auf andere Weise darzustellen. Deshalb trage ich zum Beispiel eine Halskrause, um die Aufmerksamkeit von meinem Hals abzulenken. Unser Kostümbildner hat versucht, das, was ich an Ähnlichkeit an Leibespracht nicht mitbringe, an anderer Stelle aufzuschnüren. Da bietet sich bei mir halt die Oberweite an, über die ich nun mal verfüge. (lacht).

STANDARD: Gedreht wurde zweisprachig – auf Deutsch und Tschechisch. Wie war das für Sie?

Strauss: Ich gestehe, ich fürchtete mich zu Beginn. Tschechisch ist eine Sprache, die mit unglaublich wenigen Vokalen auskommt, was das Schriftbild und auch das Lautbild für unsere Ohren sehr einzigartig macht. Auch wenn ich weiß, was in einer Szene behandelt wird, lenkt das Zuhören ab, weil ich automatisch versucht habe zu verstehen, daran aber selbstredend scheiterte. Dadurch kommt es zu einer gänzlich anderen Form des Zuhörens. Man konzentriert sich auf das Gesicht, die Augen, die Aura des Gegenübers, und das war gar nicht unspannend und hat letztlich besser funktioniert, als ich dachte.

STANDARD: Und Sie weinen. Wie spielt man Tränen?

Strauss: Das war für mich nie ein Thema. Wenn die Tränen kommen, lasse ich sie kommen. Wobei es eher darum geht, sie runterzuschlucken und nicht jeder Emotion freien Lauf zu lassen. Es gilt abzuwägen, welche Interpretation, welcher Ausdruck gerade stärker den Charakter beschreibt. Aber ich bin sowieso nah am Wasser gebaut. Ich lache schnell und weine schnell.

STANDARD: Können aber nicht alle.

Strauss: Können nicht alle, müssen aber auch nicht alle können. Wenn die Regie unbedingt Tränen will in einer Szene, und sie kommen nicht von selbst, gibt es da Tricks beim Film. Es kann aber auch ein Hinweis sein: Wenn die Tränen nicht kommen, dann haben sie vielleicht in der Szene nichts verloren. Es ist oft spannender, sich nicht gleich in die Karten schauen zu lassen.

STANDARD: Besonders ist "Maria Theresia" auch deshalb, weil er einige der wenigen Filme ist, in dem eine Frau, die älter als 45 Jahre ist, die Hauptfigur ist. Wie geht es Ihnen mit Rollenangeboten?

Strauss: Darüber kann ich mich im Moment nicht beschweren. Ich beschwere mich aber sehr wohl darüber, dass Frauen ungefähr ab 40, 45 sehr oft ihre Sexualität, ihre Weiblichkeit abgesprochen wird. Frauen werden in den verschiedenen Lebensphasen in die dafür passenden Schubladen geschoben. Dementsprechend eindimensional sind oft die Geschichten, die sich daraus ergeben. Das ist völlig absurd, weil es im Gegensatz vielleicht genau die Zeit ist, in der es anfängt, noch einmal richtig spannend zu werden. Das lustvolle Leben von Frauen hört nicht ab einem gewissen Alter auf.

STANDARD: Welche guten Vorsätze haben Sie für 2022?

Strauss: Einige. Ich will wieder mehr Sport machen, die Kraft trainieren, die mir durch Corona abhandengekommen ist. Ich möchte gerne aufhören, Süßigkeiten zu essen, und will mich beruflich weiterentwickeln. Und ich habe fest vor, mich in Geduld zu üben. (Doris Priesching, 4.1.2022)