Fest verankert auf Mallorca

von Brigitte Kramer

Warum ich als Journalistin nicht mehr ins Flugzeug steigen will und wie die Pandemie meine Lebenseinstellung verändert hat.

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Getty Images

Ich lebe seit 21 Jahren auf Mallorca und bin in der Zeit unzählige Male geflogen: In meine Heimatstadt München, nach Madrid, wo meine ältere Tochter lebt, und für Recherchereisen vor allem in den Mittelmeerraum.

Bevor im März 2020 die Pandemie ausbrach, hatte ich noch einen Storytelling-Kurs in Madrid besucht: einmal in der Woche Mallorca–Madrid im Billigflieger, zuletzt kosteten die Flüge nur noch sieben Euro. Als ich einmal einen Flug verpasst hatte, schaltete mich die Gruppe in Madrid per Handy zu. Das fühlte sich damals noch komisch an.

Zu Weihnachten steige ich nun nach fast zwei Jahren das erste Mal wieder in den Flieger. Er wird mich nach München bringen. Ich habe überhaupt keine Lust dazu, weder auf die Schlangen an der Sicherheitskontrolle noch auf das eingeengte Sitzen im Flieger noch auf das Bewusstsein, den Klimawandel aktiv voranzutreiben.

Autofähre

Ich habe dieses Jahr das Reisen mit der Autofähre entdeckt. Im Sommer bin ich von Mallorca nach Südfrankreich mit dem Schiff und dann im Auto über die Alpen bis nach Bayern gefahren – das erste mal in 21 Jahren. Es war fantastisch, mit vielen Zwischenstopps, bei denen ich die Veränderung der Klimazonen, der Landschaft und der Sprachen mitbekommen habe: drei Wochen, fünf Länder. Im Winter möchte ich aber nicht die Alpen im Auto überqueren.

Generell reise ich viel, viel weniger. Ich habe mich dem ruhigen Leben auf der Insel ergeben, könnte man sagen. Der Inselkoller hat sich bislang nicht eingestellt, im Gegenteil. Tägliches Meditieren hat mich gut durch die Pandemie gebracht und mich so beruhigt und zentriert, dass sich meine ganze Lebenseinstellung geändert hat.

Geänderte Einstellung

Meine Arbeit als Journalistin erledige ich großteils am Schreibtisch, viele Interviews führe ich online, und ich habe meine Themen so verändert, dass ich zu ihrer Bearbeitung weniger reisen muss. Ein Angebot zu einer Pressereise nach Westafrika habe ich beispielsweise kürzlich abgelehnt: zu weit weg, zu viel CO2 in der Luft.

Während der Pandemie habe ich eine Ausbildung zur Coachin absolviert, online. Der Vorteil der Digitalisierung liegt auf der Hand, allerdings häufen sich im Alltag die Bildschirmstunden. Ich freue mich deshalb über mein zweites berufliches Standbein: Ich leite Meditationsgruppen und biete Einzelcoaching an – persönlich. Ich will mehr Gesichter und weniger Bildschirme anschauen.

Die Pandemie und die Klimakrise bringen unsere Gewohnheiten ganz schön durcheinander, und sie stellen vieles infrage. Für mich war und ist das eine große Herausforderung und Chance zugleich. Denn die erzwungene Ruhe hat mir so gutgetan, dass ich sie jetzt nicht mehr verlieren will.

Trotz allem weg aus Tel Aviv

von Win Schumacher

Als freier Autor zu planen ist längst zum eigentlichen Abenteuer geworden – vor allem in Israel, das sich in der Pandemie regelmäßig vom Rest der Welt abschottet.

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Getty Images

Jetzt ist sie weg. Zumindest vorerst. Die rote Liste, mit der in Israel quasi über Nacht über jedes Land der Erde ein Reisebann verhängt werden konnte. Die reisefreudigen Israelis hatten ab Ende November mit Schrecken verfolgt, wie zunächst fast ganz Afrika, dann nach und nach halb Europa, die USA und Kanada zur No-Go-Zone wurde.

Zurück nach New York? Ist Zypern noch orange? Statt London nach Paris? Auslandsreisen waren zu einer Art Roulette geworden, täglich aktualisiert. Für Reiserückkehrer galten harsche Quarantänemaßnahmen.

Weil sich zuletzt jedoch weniger als fünf Prozent der Neuinfektionen in Israel auf Auslandsreisende zurückführen ließen, wurde die Liste letzte Woche schließlich aufgegeben, zeitgleich als Israel einen Rekord an Corona-Fällen verzeichnete. Wie lange aber, bis sie wieder zurückkehrt?

Reine Reiselust

"Wenn die Pandemie nicht dazwischengrätscht", schreibe ich inzwischen unter E-Mails. Ich lebe in Tel Aviv, arbeite an der Universität Haifa und berichte als freier Journalist vor allem über Naturreisen und Umweltschutz.

Nicht nur für Berufsreisende wie mich, deren Arbeit sich nicht auf Zoom verlagern lässt, sind Planungen schier unmöglich geworden. Was heute noch nach einem Reiseziel mit niedrigen Inzidenzzahlen und vermeintlich vernünftiger Pandemiepolitik aussieht, kann schon morgen Corona-Katastrophengebiet sein.

Die Debatte geht weiter, ob das Reisen in Pandemiezeiten grundsätzlich verwerflich ist oder ob die Reisefreiheit des Einzelnen, geimpft oder ungeimpft, höher wiegt als das Risiko, für sich und andere zur Gefahr zu werden. Also besser auf dem Sofa abwarten, bis sich die Pandemie ihrem Ende zuneigt? Oder – ob aus beruflichen Gründen oder reiner Reiselust – einfach die Koffer packen und auf einen guten Ausgang hoffen?

Ungeduldiges Land

Ich lebe in einem ungeduldigen Land, dessen ungeduldige Menschen sich noch dazu auf einer kleinen Insel wähnen, die zu verlassen nur mit dem Flugzeug möglich ist. Schon nach dem ersten Lockdown schwirrten die Israelis in die Ferne, bis die Regierung den Flughafen Tel Aviv letzten Winter wochenlang selbst für Staatsbürger schloss. Vom Inselkoller gezeichnet flogen sie nach der Wiederöffnung erneut aus. Sie brachten Delta und Omikron ins Heilige Land.

Israels Premierminister Naftali Bennett rief im November seine Landsleute auf, nicht ins Ausland zu reisen. Blöd nur, dass seine Frau Gilat da bereits mit den vier Kindern ihren Urlaub auf Mauritius geplant hatte. Das Tropenparadies war gerade als "rot" erklärt worden. Frau Bennett sah aber nicht ein, die Ferien stattdessen im Inland zu verbringen. Statt nach Mauritius ging es schließlich ohne den Gatten auf die Malediven. (RONDO, 16.1.2022)