Auch Albert Einstein, Spezialist für die Unendlichkeit, bleibt vor Corona nicht gefeit: Wachspuppe des Physikers in Thailand anno 2020.

Foto: Sangnak/epa

In diesem Monat Jänner scheint sich die ganze Welt – von ein paar russischen Truppenaufmärschen abgesehen – in einer Art Corona-Höhle zum Winterschlaf niedergelegt zu haben. Um einen Gedanken Einsteins fortzuspinnen: Zwei Dinge sind unendlich, die Ansteckungsgefahr durch das Virus und die menschliche Dummheit. Nur bei der Dummheit dürfen wir uns nicht sicher sein.

Natürlich lassen Stillstellungsphasen für die nähere Zukunft reiche Erträge erwarten. Junge wie alte Kontaktpersonen nützen ihre Mußestunden und wälzen uralte Folianten, um zu Einsichten zu gelangen. Oder sie kramen auf Dachböden herum, unermüdlich auf der Suche nach Kruckenkreuzen und Knobelbechern. Gut möglich, dass in den zahlreichen Engelbert-Dollfuß-Museen in Texingtal (NÖ) und Umgebung bald viele neu entdeckte Exponate von der tiefsitzenden Heimatliebe unserer katholischen Vorfahren künden.

Bedauerlicher Schaden

Seit Plagiatsjäger das akademische Schrifttum unserer Bundesministerinnen zerpflücken, hat die Idee des ungebremsten Wissenstransfers bedauerlicherweise Schaden genommen. Als ich, ein Babyboomer mit mutierender Stimme, in den Kreisky-Jahren die Schulbank drückte, schien mir nichts natürlicher, als meine Sitznachbarn auf die Herausgabe ihrer Mathematikergebnisse zu drängen: ungefiltert, gerne auch mit der dazugehörigen Herleitung. Unterblieb die Hilfeleistung, veranschaulichte ich einem solchen Geizkragen das Solidaritätsprinzip durch Anwendung des Glücksgriffes (vulgo Schwitzkasten). Von früh an bildete der Begriff "Klassenkampf" für mich ein Tätigkeitswort.

Nichts schien mir hingegen kläglicher als der Versuch mancher Lehrer, verstockte Schüler anzuspornen wie bockige Esel. "Nichts gelernt? Probier’s halt trotzdem, hm?" – "Wenn ich nichts gelernt habe, kann ich es auch nicht probieren! Darf ich jetzt bitte mein ,Nicht genügend‘ haben?"

Jedermann besitzt ein Recht auf Dummheit, ich bildete damals keine Ausnahme. Dummheit lässt sich Jahre später – das Schlagen von ein wenig Empörungsschaum vorausgesetzt – immer noch in alternatives Wissen übersetzen. Oder in Fake News. (Ronald Pohl, 19.1.2022)