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"Sie haben Post", hieß es zum zehnten Mal für jene CEOs, in deren Unternehmen Blackrock investiert.

Foto: Reuters / Carlo Allegri

Einmal im Jahr wird es laut um Larry Fink. Nach den Silvesterfeierlichkeiten schreibt der Chef von Blackrock einen Brief an die Chefs jener Unternehmen, in die der größte Assetmanager seine Kundengelder veranlagt. Dieser Brief hat schon eine Art Kultstatus erreicht – gibt Fink darin doch auch oft den Weg vor, wohin es von nun an gehen soll. Die Post – es ist der zehnte Brief von Fink – ist auch heuer wieder zugestellt. Kernbotschaft: Fink fordert die Chefs darin auf, ihre Unternehmen mit einer langfristigen Perspektive zu führen, um für Aktionäre langfristige Renditen zu erwirtschaften.

Diese Botschaft mag wenig überraschen, welcher Anleger möchte nicht langfristig gewinnen? Doch wie sieht Finks Strategie aus? Was sind seine Ideen, und was hat er den CEOs geschrieben?

Kraft des Kapitalismus

Es sei der Stakeholder-Kapitalismus, der laut Fink Unternehmen weiterbringe. Den laufenden Austausch mit den Anteilseignern beschreibt Fink als wichtiges Instrument – es sei der Motor für Veränderung, der die Kraft habe, "jedem Einzelnen zu einer besseren Zukunft zu verhelfen, Innovationen zu fördern, Volkswirtschaften widerstandsfähig zu machen und einige unserer schwierigsten Herausforderungen zu lösen".

Zu diesen neuen Herausforderungen zählt Fink:

Neue Arbeitswelt

Keine Beziehung sei durch die Pandemie grundlegender verändert worden als jene zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In den USA und Großbritannien ist die Kündigungsrate auf einem neuen Höchststand. Arbeitnehmer auf der ganzen Welt würden nun mehr von ihren Arbeitgebern erwarten – darunter mehr Flexibilität und eine sinnstiftendere Tätigkeit. Unternehmen, die ein besseres, innovativeres Umfeld für ihre Mitarbeiter schaffen, verzeichnen laut dem Blackrock-Chef auch eine geringere Fluktuation und eine höhere Rentabilität. Jene hingegen, die sich nicht an diese neue Realität anpassen und die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten nicht ernst nehmen, laufen laut Fink Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Fluktuation treibe die Kosten in die Höhe und schmälere die Produktivität.

Disruption

In den vergangenen vier Jahrzehnten hat die Verfügbarkeit von Kapital explosionsartig zugenommen. Inzwischen summiere sich das weltweite Finanzvermögen auf 400 Billionen US-Dollar. Das habe zu einer dynamischen Innovationslandschaft geführt mit einer Fülle von disruptiven Start-ups, die versuchten, die Marktführer vom Sockel zu stoßen. Der Blackrock-Chef möchte, dass sich die Unternehmen, in die sein Haus investiert, daher auch weiterentwickeln und wachsen. Denn nur so könnten sie auch in den nächsten Jahrzehnten attraktive Renditen generieren.

Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit hat Fink vor zwei Jahren auf seine Agenda geschrieben. Das hat dem Thema viel Aufmerksamkeit gebracht. In dieser kurzen Zeitspanne ist es zu einer fundamentalen Umverteilung von Kapital gekommen. Nachhaltige Anlagen haben inzwischen die Schwelle von vier Billionen US-Dollar erreicht. Die Anstrengungen zur Dekarbonisierung wurden intensiviert und die Ziele höhergesteckt. Dieser Trend werde laut Fink weitergehen.

Der Wandel hin zu einer klimaneutralen Welt werde jedes Unternehmen und jede Branche fundamental verändern. Nicht nur junge, innovative Unternehmen könnten und werden ganze Branchen auf den Kopf stellen. Etablierte Unternehmen müssten ebenfalls mutig sein und dies tun. Die Frage werde sein, ob Unternehmen diesen Wandel anführen – oder sich führen lassen.

Mitsprache

Laut Fink wachse das Interesse von Aktionären an der Corporate Governance von börsennotierten Unternehmen. Aus diesem Grund wurde bei Blackrock damit begonnen, mehr Kunden die Möglichkeit zu geben, unmittelbarer ihre eigenen Stimmrechte bei den Unternehmen ausüben zu können, in die sie ihr Geld investieren. Diese Möglichkeit wurde bisher vor allem institutionellen Kunden geboten, zu denen etwa Pensionskassen mit rund 60 Millionen Mitgliedern gehören.

Ziel von Blackrock sei, dass sich jeder Anleger – und das schließe Privatanleger mit ein – an der Stimmrechtsausübung beteiligen könne. Dafür müssten auch noch regulatorische Hürden genommen werden, doch Fink betont, dass jeder Anleger das Recht habe, gehört zu werden. Die Auswirkungen der Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Stakeholdern will man bei Blackrock besser erforschen. (Bettina Pfluger, 19.1.2022)