Beim Zauner oder neuerdings ...

Foto: Violetta Wakolbinger

in einem Gondelrestaurant einkehren kann man in Bad Ischl.

Foto: Violetta Wakolbinger

Die Ischl zur Kaiservilla queren zahlt sich aber nicht aus. Diese ist im Winter geschlossen.

Foto: Violetta Wakolbinger

Der STANDARD feiert seine zehntausendste Ausgabe. Aus diesem Anlass beschäftigen wir uns mit der Zahl Zehntausend.

Natürlich reisen wir mit dem Zug an. Seit 1877 die Bahnverbindung eingerichtet wurde, steht in Salzkammergut-Reiseführern "l. sitzen" für die Strecke von Attnang bis Ischl, und "r. sitzen" von Ischl bis Stainach, wegen der Aussicht: links auf den Traunsee, rechts auf den Hallstätter See. Das Wasser ist nicht nur erholsam fürs Auge. Als die Erzherzogin Sophie nach einer Kur einen Thronfolger gebar, wurde das Heilwasser Ischls weltberühmt, Franz Joseph später Kaiser und Bad Ischl en vogue.

Mein ortskundiger Begleiter und ich verlassen den Bahnhof nach rechts und holen uns beim Reisebüro Salzkammergut Touristik einen Stadtplan. Ein einsamer Mann steht hinter der Budel und sagt: "Empfehlen Sie uns weiter! Wir sind ein Familienbetrieb." Gern geschehen. Auch Ungeimpfte werden bedient, aber im Freien auf dem Parkplatz. Überhaupt hat Ischl in dieser Ecke viel Parkplatz, Gehsteig dafür weniger.

Formidable Idee

Unser Weg führt vorbei an der Baptistengemeinde (aktueller Aushang: "Schneeflocken sind einzigartig, Du auch!") Richtung Kaiservilla, doch deren Parkplatz ist verwaist. Telefonisch gibt ein alter Herr Auskunft: Erst ab April ist die Villa geöffnet, im Winter sei das nicht zum Derheizen. Der Kaiser kam aus gutem Grund zur Sommerfrische.

Weiter die Straße hinauf steht das Lehár-Filmtheater, in dem einst Weltstars von Johann Strauss bis Isadora Duncan auftraten und das die Pandemie als Kino nicht überstanden hat. Die Hoffnung auf eine Reanimation angesichts des Kulturhauptstadtjahres 2024 lebt. Ischl als Kulturhauptstadt ist ohnehin eine formidable Idee, die ältere und jüngere Vergangenheit starrt einer hier so penetrant ins Aug, dass sich schon rein aus Notwehr kreative Assoziationen aufdrängen. Vor dem Filmtheater steht eine Büste aus weißem Marmor, die einem jungen Altkanzler verblüffend ähnelt. "Helmut Berger, geboren in Bad Ischl" verrät der Sockel. In seiner Jugend galt Berger als schönster Mann der Welt, später hat er viele Drogen genommen, heute ist er mindestens Weltkulturerbe.

Habsburger und Staufer

Am Lehár-Filmtheater vorbei geht es die Kaiser-Franz-Josef -Straße hinunter, no na. Am Verkaufsfenster einer Bäckerei bestellt ein junger Mann "eine Schaumrolle und drei Habsburger", mein Begleiter ätzt "und sieben Babenberger und drei Staufer", ich kann nichts dafür, er hat Geschichte studiert.

Vor uns liegt die Trinkhalle. Nicht was Sie denken, hier trank man Heilwasser, siehe Erzherzogin Sophie. Heute ist die Halle primär Verkaufsfläche für Trachtenmode und Kunst. Richtung Traun spazieren wir weiter zum k. u. k. Hofbeisl. Derzeit ist der Schanigarten erweitert um ein sogenanntes Gondelrestaurant, raffiniert, in Seilbahngondeln ist man vor der Seuche sicher. Der Wirt ist auf Social Media dafür bekannt, gute Witze über Impfgegner auf seine Kreidetafel zu schreiben, dafür zahlen wir ihm gerne drei Euro für den Espresso.

Aus dem Touristenidyll führt uns der Weg über die Kaiserin-Elisabeth-Brücke (no na) dorthin, wo die "7th Heaven Gogo Bar" Gäste empfängt. Die Straße macht eine Biegung den Hang hinauf, hier liegen "Betreubares Wohnen", Spital und Friedhof eng beisammen. Kurze Wege sind wichtig.

Gut genug

Der Friedhof ist topaktuell, auf den Gräbern berühmter Persönlichkeiten führt ein QR-Code zu einer Website. Der Schriftsteller Leo Perutz liegt hier, auch Hilde Spiel ruht in einem QR-codierten Familiengrab. Beide haben die Sommer frische hier so sehr geliebt, dass sie auch nach ihrem Ende geblieben sind. Kein QR-Grab besitzt hingegen die Widerstandskämpferin Resi Pesendorfer, die schon im Austrofaschismus eine illegale Frauengruppe gegründet hatte. Ich hege die Hoffnung, dass sich auch das im Kulturhauptstadtjahr ändern wird.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof kehren wir beim Zauner ein. Hier hat sich Helmut Berger nach der Denkmalenthüllung 2019 auf ein Glaserl mit Otto Schenk zusammengesetzt, hier ist es auch für uns gut genug. (Magdalena Miedl, 23.1.2022)