In der Landwirtschaft sind zuletzt die Kosten für Betriebsmittel enorm gestiegen, aber die Verkaufspreise kaum. Zudem müssen sich Betriebe umstellen, um die EU-Förderungen zumindest konstant zu halten.

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Die heimische Landwirtschaft muss gleich mehrere Herausforderungen bewältigen. Kurzfristig stehen der enormen Verteuerung der Betriebsmittel wie Dünger oder Tierfutter keine entsprechend höheren Einnahmen der Betriebe gegenüber. Dazu kommt, dass 2022 zu einem Jahr der Weichenstellungen wird: Bald werden Österreichs Bäuerinnen und Bauern nämlich auch zusätzliche Leistungen im Bereich Umwelt- oder Klimaschutz erbringen müssen. Tun sie das nicht, werden sie auf Basis der neuen EU-Agrarpolitik (Gap) weniger Fördermittel erhalten.

Ursache sind die verringerten Flächenprämien im der Gap ab 2023. Statt wie bisher 288 Euro werden künftig nur noch 208 Euro pro Hektor Fläche an die Betriebe fließen, erklärte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Montag. Als Zuckerl für kleinere Betriebe wird dieser Betrag für die ersten 20 Hektar um 45 Euro erhöht, für die nächsten 20 Hektar kommen weitere 23 Euro dazu. Kompensiert können drohende Einbußen aber durch zusätzliche Maßnahmen werden.

Mehr Ausgleichszahlungen

"Wer mehr für Umweltschutz, für Klimaschutz, für Artenvielfalt leistet, wird auch entsprechend stärker Ausgleichszahlungen bedacht", erläutert die Ministerin und rechnet vor: Ein Bauernhof mit Mutterkuhhaltung und 20 Hektar könne die Fördersumme durch eine verlängerte Weidehaltung und eine neue Maßnahme fürs Grünland, welche Humuserhalt und Bodenschutz fördern soll, von bisher 18.000 auf über 20.000 Euro steigern.

Für andere Betriebe wird die Teilnahme am Agrarumweltprogramm Öpul de facto zum Muss, um die Fördersumme zumindest auf annähernd gleicher Höhe zu halten. Als Beispiel nannte Köstinger einen Ackerbaubetrieb mit 100 Hektar, der durch umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung weiter rund 40.000 Euro an Subventionen erhalten könne.

Probleme könnte die verstärkte Ausrichtung der EU-Agrarförderungen auf mehr Umwelt- und Klimaschutz für Österreichs Bio-Betriebe bringen. Österreich habe mit 26 Prozent der Agrarfläche die EU-Vorgaben für biologische Landwirtschaft bis 2030 schon jetzt erfüllt, sagt Köstinger, in der EU liege der Anteil im Mittel bei acht Prozent. Ausweichend reagiert sie auf die Frage, ob dann entsprechend mehr günstige Bio-Importe nach Österreich zu erwarten seien und die Preise drücken könnten: "Diese Konkurrenz wird uns vor große Herausforderungen stellen." Angebot und Nachfrage seien für die Preisentwicklung die relevanten Größen. Man versuche, hierzulande die Nachfrage entsprechend zu stimulieren.

Gespür für Wertigkeit

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, verweist zudem auf die deutlich gestiegenen Kosten für Betriebsmittel wie Dünger, Pflanzenschutz, Futter oder Energie, denen keine höheren Einnahmen der Landwirte gegenüberstünden. Kein Verständnis zeigt er, wenn dann Fleisch oder andere Nahrungsmittel massiv im Müll landen. "Wir haben das Gespür für die Wertigkeit der Lebensmittel verloren", sagt Moosbrugger. Auch Köstinger ist die Preispolitik im Lebensmittelhandel ein Dorn im Auge: "Die Handelsketten sollten ihre eigenen Werbebotschaften glauben." Diese würden Bilder von wunderschönen österreichischen Kulturlandschaften zeigen, tatsächlich gebe es Rabattschlachten im Regal.

Gemeinsam mit den Landwirtschaftskammern startet ihr Ministerium eine Informationskampagne über die Auswirkungen der neuen Gap 2023 bis 2027 auf Bäuerinnen und Bauern. Von großen Änderungswünschen der EU-Kommission am heimischen Strategieplan geht Köstinger nicht aus, vielmehr erwartet sie das "finale Okay" bis Mitte dieses Jahres. (aha, 24.1.2022)