Wer weiß, wie dünn die Akten wären, würden Texte nicht künstlich verlängert werden.

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Dass Juristinnen und Juristen ihren Text gerne künstlich verlängern, weiß Rechtsanwalt Michael Rami in seinem Gastblog.

Juristen meiden kräftige, alleinstehende Tätigkeitswörter (= Verben) wie die Igel die Schnellstraße und bedienen sich stattdessen eines Nominalstils (abweisen –> der Abweisung anheimfallen). So weit, so bekannt.1

Diese Unart, einen Text künstlich breiter zu treten, um ihn hochtrabender klingen zu lassen, taucht aber noch in einer weiteren Form auf: Hauptwörter werden mit überflüssigen, weil nichtssagenden Partizipien versehen,2 zum Beispiel:

  • die erhobene Anklage;
  • das gebrauchte Argument;
  • die ausschlaggebende Bedeutung;
  • der erhaltene Bezug;
  • die getroffene Entscheidung;
  • die gezielte Maßnahme;
  • das anwesende Publikum;
  • der bestellte Sachverständige;
  • die durchgeführte Untersuchung;
  • das gefällte Urteil;
  • das gesteckte Ziel.

Nicht jedem wird so etwas auf Anhieb einfallen, aber erst die gemachte Erfahrung macht ja den ausgebildeten Meister! (Michael Rami, 26.1.2022)