Seit den 1980er-Jahren widmete sich Kowanz der Visualisierung von Immaterialität und Flüchtigkeit des Lichts.

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"May you rest in lightness." Mit diesen treffenden Worten endet die Trauerbekundung auf dem Instagram-Account von Brigitte Kowanz, die Sonntagabend gepostet wurde: Die österreichische Lichtkünstlerin ist am 28. Jänner im Alter von 64 Jahren gestorben, wie ihr Sohn Adrian Kowanz bekanntgab. Seine Mutter habe lange mit einer schweren Erkrankung gekämpft, sich davon aber "nie unterkriegen lassen". Bis zuletzt hatte sie auch gearbeitet.

Seit den 1980er-Jahren widmete sich Kowanz der Visualisierung von Immaterialität und Flüchtigkeit von Licht. Sie schuf "Malerei aus Licht und Schatten", galt als "Botschafterin des Lichts" und zählte zu den prägendsten und visionärsten Künstlerinnen Österreichs. Ihre Werke waren vielschichtig, poetisch, elegant und Grenzen sprengend. Sie überwand die Endlichkeit des Raums und füllte ihn mit Licht, strebte nach ständiger Veränderung und definierte so einen neuen Skulpturenbegriff. Kowanz interessierte sich nicht nur für die Ästhetik von Licht, sondern auch für die wissenschaftliche Komponente und entwarf Forschungsansätze. Dennoch war die Künstlerin der Meinung, dass die Arbeiten vorrangig sinnlich und auch ohne die Kenntnis eines theoretischen Überbaus funktionieren müssten.

2017 vertrat Brigitte Kowanz gemeinsam mit Erwin Wurm Österreich bei der Venedig-Biennale und schuf einen "Lichtpavillon".
Foto: Anna Blau

Für die Biennale in Venedig, bei der sie 2017 gemeinsam mit Erwin Wurm Österreich vertrat, schuf Kowanz einen "Lichtpavillon" mit einer viereinhalb mal neun Meter großen Neoninstallation und taufte sie Infinity and beyond. Oft stellte sie Referenzen zur Sprache und Schrift sowie deren Übersetzung in Codes her. In Venedig transferierte sie die Gründungsdaten des Internets in leuchtende Morsecodes, Spiegelwände multiplizierten den Raum ins Unendliche. "Licht ist expansiv und flüchtig, es bleibt nie bei sich – Licht ist eine Lebensmetapher", sagte sie 2017.

Abseits von malerischem Mainstream

Erst 2020 wurde die öffentlich zugängliche Dachterrasse "Libelle" auf dem Leopold-Museum im Wiener Museumsquartier eröffnet – gekrönt von Brigitte Kowanz' Lichtkreisen, die als große Installation auf die Plattform gesetzt wurden. Drei dezente und zugleich enorm präsente Ringe blicken seitdem über die Innenstadt. Auch aus der Ferne strahlen sie von dem Dach.

Libelle im Wiener MQ: Die 2020 eröffnete Dachterrasse des Leopold-Museums wurde mit Brigitte Kowanz` "Lichtkreisen" gekrönt.
Foto: Hertha Hurnaus

Kowanz wurde 1957 in Wien geboren. Direkt nach der Matura begann sie wie ihr älterer Bruder an der Hochschule für angewandte Kunst (1975 bis 1980) zu studieren. Zuerst der Malerei zugewandt, arbeitete sie früh mit Licht und dessen Korrespondenz mit anderen Materialien. Den Ausgangspunkt bildeten in den frühen 1980er-Jahren gemeinsam mit ihrem damaligen Partner, dem Konzeptkünstler Franz Graf, Arbeiten auf Papier und Leinwand und transparente Bildträger sowie selbstleuchtende Farben. Sie begann sich abseits des malerischen Mainstreams zu bewegen, und um die Verhältnisse von Raum und Licht zu untersuchen, schuf sie erste Lichtobjekte aus Leuchtstofflampen und Fluoreszenzfarbe. Einer ihrer ersten Auftritte war 1979 im Forum Stadtpark.

Schriftzüge und Spiegel

Kowanz galt als Pionierin, Mentorin und Vorbild für jüngere Künstler und Künstlerinnen. Ab 1997 hatte sie an der Universität für angewandte Kunst die Professur für Transmediale Kunst inne, vergangenes Jahr übernahm die Künstlerin Jakob Lena Knebl die Klasse von Kowanz.

2010 widmete das Mumok der Künstlerin eine umfassende Personale, bei der ein gesamtes Stockwerk mit Spiegelwänden verkleidet wurde. Die unzähligen Glaskästen mit gewundenen Leuchtfiguren und Lichtschriften hallten wie ein Echo darin wider und verewigten sich in den multiplen Räumen, die in der Spiegelung entstanden. Zeitgleich zog sich ihr Schriftzug Now I See über den Wiener Uniqa-Tower. 2009 wurde Kowanz für ihr künstlerisches Werk mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet.

2010 zog sich der Schriftzug "Now I See" über den Wiener Uniqa-Tower.
Foto: Christian Fischer

Erst spät erlangte sie auch internationale Bekanntheit, und ihre Werke wurden in Einzelausstellungen in München, Brüssel, Sydney und Zürich gezeigt. Permanente bzw. aktuelle Architekturinterventionen finden sich am Museum Liaunig in Neuhaus, dem Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster oder dem Varta-Haus gegenüber dem Museumsquartier in Wien. Aktuell werden Werke in Gruppenausstellungen in der Albertina Modern, dem Belvedere 21 oder in der Landesgalerie Niederösterreich präsentiert.

Für April 2022 ist eine große Ausstellung mit den Werken der Lichtmeisterin im Schlossmuseum in Linz geplant. Ihr Licht wird weiterleuchten. (Katharina Rustler, 31.1.2022)