Spotify-Boss Daniel Ek sieht sich mit einer handfesten Krise konfrontiert.

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Der öffentliche Protest scheint gefruchtet haben: Nachdem zuerst Neil Young und dann auch noch Joni Mitchell angekündigt hatten, ihre Musik von Spotify zurückzuziehen, hat sich der Streaminganbieter nun doch dazu entschlossen, etwas gegen Covid-19-Falschinformationen zu unternehmen – zumindest ein kleines bisschen.

Reaktion

Spotify werde künftig sämtliche Beiträge zum Thema Covid-19 mit Verweisen auf wissenschaftlich fundierte Informationen versehen, teilte Firmenchef Daniel Ek am Sonntag in einem Blogeintrag mit.

In der Kontroverse geht es um das in den vergangenen Jahren immer stärker von Spotify forcierte Podcast-Geschäft und hier vor allem um einen der populärsten Vertreter dieser Gattung, die "The Joe Rogan Experience", ein Talkformat, in dem die Gäste recht frei über allerlei Themen plaudern. Dass dabei zuletzt immer wieder Fehlinformationen zu Covid-19 verbreitet wurden, sorgte für immer schärfere Kritik.

Neil Young will nicht mehr

So formulierte es etwa Sänger Neil Young sehr deutlich und sprach vor dem Rückzug seiner Musik von der Plattform davon, dass Spotify entweder Rogan oder Young haben könnte – aber nicht beide. Auch unter Nutzern entstand eine Protestwelle, die in zahlreichen Aufrufen zur Kündigung des Abos mündete. Angesichts all dieser negativen Schlagzeilen verlor die Aktie von Spotify innerhalb weniger Tage mehr als zwei Milliarden US-Dollar an Wert.

Abzuwarten bleibt, ob die jetzige Ankündigung von Spotify den Kritikern reicht. Immerhin stellt auch das nur das absolute Minimum dessen dar, was viele andere Plattformen bereits machen. So werden bei Youtube schon lange entsprechende Informationen bei Videos über Covid-19 angezeigt.

Neue Policy

An eine Entfernung von Podcast-Episoden, die Desinformation verbreiten, scheint man hingegen vorerst nicht zu denken. So hat man zwar nun die eigene Policy in Hinblick auf Covid-19-Inhalte öffentlich gemacht, und in der behält man sich auch tatsächlich entsprechende Schritte vor. Die Regeln sind aber dermaßen grob gehalten, dass sie den Podcast von Rogan nicht betreffen würden.

Lediglich das generelle Leugnen von Covid-19 oder auch die Aufforderung, gefährliche Substanzen wie Bleiche zu sich zu nehmen, sind dabei untersagt. Eine Passage, die auch Behauptungen untersagen sollte, dass das Tragen von Masken zu schweren gesundheitlichen Schäden führt, soll hingegen laut Informationen von "The Verge" in letzter Minute aus dem Regelwerk gestrichen worden sein.

Rogan reagiert

Spotifys großer Podcast-Star versucht es in dieser Situation mit für ihn ungewohnter Zurückhaltung: In einem auf Instagram hochgeladenen Video äußert er sich zehn Minuten lang zu den Vorfällen. Dabei entschuldigt er sich für die Schwierigkeiten, die er Spotify verursacht habe. Viele seiner Podcast-Episoden würden recht spontan voranschreiten, sie seien Plaudereien, wo er am Anfang oft nicht wisse, wo es hingehe.

Ein Problem habe er aber damit, dass einige seiner Episoden nun als Falschinformation klassifiziert werden. Er sei zwar selbst kein Arzt oder Wissenschafter, versuche aber immer mit angesehenen Personen aus diesem Bereich zu sprechen und vor allem unterschiedliche Perspektiven aufzuzeigen. In Rogans Podcast hatten Gäste zuletzt unter anderem die Behauptung aufgestellt, dass die gesamte Pandemie geplant gewesen sei, auch Empfehlungen für umstrittene Medikamente wie Ivermectin wurden abgegeben.

Vorgeschichte

Dass Spotify hier so zurückhaltend agiert, liegt nicht zuletzt daran, dass es dabei um viel Geld geht – hat sich der Streaminganbieter doch die Exklusivität des Rogan-Podcasts einiges kosten lassen. Rund 100 Millionen Dollar sollen im Jahr 2020 für einen mehrjährigen Deal ausgemacht worden sein. (apo, 31.1.2022)