Die EU-Kommission will die Frage nach giftigen Abfällen nicht außer Acht lassen, verteidigte EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness den Entwurf.

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Die EU-Kommission will definitiv diesen Mittwoch über die Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltige Brückentechnologien für Finanzinvestitionen entscheiden. Dabei dürfte die EU-Kommission keine größeren Änderungen an ihrem umstrittenen Entwurf vornehmen. "Wir werden den Text nicht umschreiben", sagte die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness im Gespräch mit dem Onlinemagazin "Politico" vom Montag.

Breite Kritik aus EU-Staaten

McGuinness bestätigte laut dem Newsletter des Magazins, dass die EU-Kommission den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie an diesem Mittwoch verabschieden will. Den Entwurf hatte die EU-Kommission am 31. Dezember kurz vor Mitternacht vorgelegt, sie war damit auf Kritik in Österreich, Deutschland, Luxemburg und Spanien gestoßen. Auch in Kommissionskreisen war am Montag zu hören, dass die EU-Behörde definitiv am Mittwoch die Causa entscheiden werde. Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte eine Klage gegen die EU-Kommission angedroht.

McGuinness sagte "Politico", sie sei nicht überrascht darüber, dass der Taxonomie-Entwurf der EU-Kommission und die Einbeziehung von Atomkraft und Gas als Brückentechnologien für Kontroversen sorgten. "Es gab viele Reaktionen, manche waren positiv, einige kritisch, was zu erwarten war", so die EU-Kommissarin.

EU: Besser als "schmutzige Kohle"

Für die Energietransformation Europas sei der Taxonomie-Vorschlag aber unerlässlich, betonte McGuiness. "Ich akzeptiere voll und ganz, dass Gas ein fossiler Brennstoff ist – wir sind nicht blind –, aber es ist viel besser als der andauernde Einsatz von schmutziger Kohle. Ebenso ist Nuklearenergie CO2-frei", argumentierte die Kommissarin.

McGuinness fügte hinzu, der Vorschlag der EU-Kommission behandle die Frage von giftigen Abfällen und mache erforderlich, dass nukleare Energiequellen der Umwelt "keinen bedeutenden Schaden" zufügten.

Die EU-Kommission führe bis zur Annahme des Rechtsaktes am Mittwoch noch eine "Feinabstimmung" durch, so die Kommissarin, aber "wir werden den Text nicht umschreiben. Wir schauen uns im Detail die Stellungnahmen an uns, um zu sehen, ob wir ihnen Rechnung tragen können, aber ich würde eher an kleine Verbesserungen als an ein Umschreiben denken."

EU-Rechnungshof-Studie

Steuervorteile und Subventionen für fossile Brennstoffe behindern nach Ansichten von EU-Experten die Klimawende in der Europäischen Union. Teils werden verschmutzende Energien wie Kohle in der EU niedriger besteuert als klimaeffiziente Alternativen, wie aus einer am Montag veröffentlichten Analyse des EU-Rechnungshofes hervorgeht. Über die Hälfte der EU-Länder subventioniere fossile Energien stärker als erneuerbare, so die Analyse der Rechnungsprüfer.

Insgesamt würden die Mitgliedstaaten über 55 Milliarden Euro pro Jahr für Subventionen fossiler Brennstoffe ausgeben – trotz Verpflichtungen, diese auslaufen zu lassen. Um die Klimaziele zu erreichen, müsse daher nachjustiert werden.

"Energiesteuern, CO2-Preise und Energiesubventionen sind wichtige Instrumente zur Erreichung der Klimaziele", sagte der leitende Prüfer Viorel Stefan. Je niedriger die Steuern und je höher die staatlichen Subventionen für eine Energiequelle sind, desto günstiger wird sie letztendlich für Verbraucher. Niedrige Steuersätze und staatliche Gelder schaffen also einen Anreiz, bestimme Energien stärker zu nutzen.

Die Rechnungsprüfer befanden, dass unter gegenwärtigem EU-Recht verschmutzende Energiequellen günstiger besteuert werden können als klimaeffiziente Energiequellen. So gebe es teils niedrigere Steuern für Kohle als für Gas, obwohl letzteres weniger klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) ausstoße. Gleichzeitig subventionierten 15 EU-Länder fossile Brennstoffe stärker als erneuerbare Energien. Erneuerbare Energien würden seit 2008 zwar generell mehr gefördert, die Unterstützung für fossile Brennstoffe sei jedoch stabil geblieben. Das führe dazu, dass der relative Preis von nachhaltigen Energien steige – und die Klimawende verzögert werde.

Die Prüfer verwiesen jedoch auch auf Herausforderungen dabei, die Steuervorteile und Energiesubventionen für fossile Energien wie geplant bis 2025 auslaufen zu lassen. Insbesondere Verbraucher könnten von einer Steuerreform betroffen sein und sich dagegen auflehnen – etwa wegen höherer Preise. (APA, 31.1.2022)