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Grindr wird aus China verbannt.

Foto: Aly Song / REUTERS

Staatliche Zensur ist in China seit Jahren ein fixer Bestandteil des Internets. Zuletzt hat die Regierung ihre Kontrolle über Online-Inhalte aber noch einmal deutlich verschärft. Dabei trifft es nun eine der bekanntesten Dating-Apps.

Verschwunden

Grindr ist in den vergangenen Tagen aus sämtlichen App-Stores in China verschwunden. Die App, die sich speziell an homo-, bi- und transsexuelle Nutzer richtet, ist bereits am 27. Jänner aus Apples App Store entfernt worden. In den lokalen App-Stores für Android-Geräte findet sich Grindr ebenfalls nicht mehr, wie Bloomberg berichtet.

Android-App-Stores werden in China allesamt von heimischen Firmen wie Tencent oder Huawei betrieben, da sich Google vor einigen Jahren aus dem Land zurückgezogen hat und es insofern keinen offiziellen Play Store gibt. Das Unternehmen betonte damals, dass man sich der staatlichen Zensur nicht unterwerfen wolle.

Stillschweigen

Ein offizieller Grund für die Entfernung von Grindr wurde bislang nicht genannt, die Apps wurden einfach gelöscht. Allerdings ist klar, dass die Regierung zuletzt verstärkt gegen illegale, pornografische und auch unerwünschte Inhalte vorgegangen ist. Zwar ist Homosexualität in China nicht verboten, zuletzt hatten Beobachter aber eine verschärfte Intoleranz von staatlicher Seite attestiert, etwa ein gezieltes Vorgehen gegen "homosexuelle Themen" in Medien.

Die Entfernung der Apps erfolgt nur wenige Tage vor dem Start der Olympischen Winterspiele in Peking. Ein direkter Zusammenhang mit dem Event lässt sich ohne offizielle Reaktion zwar nicht herstellen, allerdings ist bekannt, dass der chinesische Staat gerne vor Großveranstaltungen "aufräumt" – und zwar eben auch im Internet.

Schwierige Position für Apple

Besonders pikant ist die Angelegenheit für Apple, muss sich das Unternehmen nun doch einmal mehr den Vorwurf gefallen lassen, dass man sich zwar in Europa und den USA gerne als Vorreiter bei Themen wie Privatsphäre und Homosexuellenrechte gibt, sich in China aus geschäftlichen Interessen aber den Wünschen des Staates unterwirft.

Eine aktuelle Stellungnahme von Apple zu dem Vorfall steht noch aus. In der Vergangenheit hatte man aber in ähnlichen Fällen immer wieder argumentiert, dass es für die chinesischen Nutzer besser sei, man sei im Land aktiv, als dass man sich zurückziehe. Das heiße aber auch, dass man sich lokalen Gesetzen unterwerfen müsse.

Hintergrund

Apple hat massive geschäftliche Interessen in China. So zählt das Land nicht nur zu den wichtigsten Absatzmärkten für den iPhone-Hersteller, es ist auch für die Hardwareproduktion unerlässlich. Zuletzt soll Apple gar einen 275 Milliarden schweren Megadeal mit chinesischen Behörden abgeschlossen haben, um eine staatliche Regulierung zu verhindern.

Staatlich angeordnete Entfernungen aus dem App Store sind mittlerweile zur Routine geworden. Über die Jahre haben die staatlichen Zensoren eine Fülle unterschiedlicher Programme entfernen lassen. Das reicht von VPN-Apps bis zuletzt vor allem Spiele. Westliche Firmen tun sich dabei zunehmend schwer, die Balance zu halten. So hat Microsoft unlängst bekanntgegeben, dass die chinesische Version von Linkedin eingestellt wird. Und auch Epic Games hat sein Spiel "Fortnite" mittlerweile aus dem Land zurückgezogen. (apo, 31.1.2022)