Der wirtschaftliche Sinn der mechanischen Behandlungsanlage im Ahrental wird infrage gestellt.

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Vom Haushalt bis zur Deponie durchläuft der Abfall viele Stationen. Im Fall von Innsbruck wird das Sortieren doppelt durchgeführt, lautet ein Kritikpunkt.

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Innsbruck – Müll: Jeder Haushalt verursacht ihn, doch was damit passiert, nachdem er abgeholt wurde, wissen die wenigsten. In Tirol ist das Thema nun im Vorfeld der Gemeinderatswahlen, die am 27. Februar stattfinden, wieder auf der Agenda gelandet. Die Liste Fritz hat im Vorjahr zwei Landtagsanfragen zur Abfallentsorgung an die zuständige Landesrätin Ingrid Felipe (Grüne) gestellt. Denn in Tirol zahlen Bürgerinnen und Bürger sehr unterschiedliche Preise für ihren Abfall.

So beläuft sich der Preis für eine Tonne Restmüll im Bezirk Kitzbühel auf 130 Euro. Im benachbarten Kufstein hingegen verlangt der Abfallentsorgungsverband 232 Euro pro Tonne. In der Landeshauptstadt Innsbruck wiederum kostet die Tonne 195 Euro.

"Geschäftsgeheimnisse"

Markus Sint, Abgeordneter der Liste Fritz, kritisiert, dass er auch nach zwei Anfragen an die Landesrätin noch immer nicht weiß, wie diese Tarife berechnet werden und wie sich diese Unterschiede erklären lassen. Denn mit Verweis auf "Geschäftsgeheimnisse" der Abfallverbände wird die Kalkulation nicht offengelegt. Für Sint ist das nicht nachvollziehbar: "Es gibt kein Konkurrenzverhältnis unter den Verbänden. Das ist ungeheuerlich, weil es die Gemeinden und Bürger sind, die für den Müll zahlen und dann nicht wissen dürfen, wie die Tarife zustande kommen und ob da alles seine Richtigkeit hat!"

Diese Intransparenz gipfelte im vergangenen Jahr in einer Anzeige gegen den Abfallverband Tirol Mitte bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Ein Hinweisgeber, der auch den STANDARD kontaktiert hat, wies auf die mechanische Behandlungsanlage Ahrental hin, die dieser Verband seit elf Jahren betreibt. Der Vorwurf: Die Kosten für die Müllentsorgung in diesem Abfallverband würden durch diese Anlage künstlich in die Höhe getrieben. Die WKStA prüfte die Anzeige, leitete mangels Anfangsverdachts aber kein Ermittlungsverfahren ein.

Doppelt sortiert

Die Liste Fritz sieht den Vorwurf dennoch nicht entkräftet. Es geht darum, dass der Müll im Verband Tirol Mitte in die Anlage im Ahrental transportiert wird. Dort wird er sortiert und in drei verschiedene Kategorien – je nach Brennwert – getrennt. Danach wird dieser vorsortierte Müll zur Verbrennung nach Linz verbracht. Und dort wird nun dasselbe noch einmal gemacht. Durch den Zwischenschritt im Ahrental entstünden unnötige Kosten, so die Kritik der Liste Fritz.

Seitens des Verbands Tirol Mitte entgegnet Geschäftsführer Alfred Egger, dass die mechanische Vorverarbeitung des Mülls durchaus sinnvoll sei. So werde etwa Metall aussortiert und verwertet. Je nach Rohstoffpreisen bringe das Einnahmen. In Zukunft plane man außerdem, auch PET-Flaschen und Folien vorab auszusortieren und zu verwerten.

Wo ist der Mehrwert?

Beim Endverbraucher scheint dieser Mehrwert aber nicht anzukommen, so die Kritik von Sint. Denn die Tonnenpreise im Verband Tirol Mitte zählen mit 195 Euro zu den höchsten im Land. Egger, der auch Obmann des Tiroler Abfallwirtschaftsvereins ist, dem Zusammenschluss der acht einzelnen Abfallverbände, erklärt dies mit den unterschiedlichen Posten, aus denen sich diese Gebühren zusammensetzen. Wobei auch er bestätigt, dass es für Endverbraucher keine Einsicht in die Kalkulationsgrundlagen der Mülltarife gibt.

Grund dafür sei, dass die Preise für die Müllbehandlung nicht öffentlich gemacht werden. Die Betreiber von Verbrennungsanlagen wollen dies nicht, so Egger. Kontrolle erfolge dennoch durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer, den das Land bestelle und der diese Kalkulationen absegne. Lediglich die Bürgermeister hätten das Recht auf Einsicht in diese Berechnungen. Weitergeben dürfen sie diese Zahlen aber ebenfalls nicht.

Für die Bürgerinnen und Bürger bleibe somit unklar, warum sie wie viel für ihren Müll bezahlen, hält Sint an seiner Kritik fest. (Steffen Arora, 1.2.2022)