Besonders ausgeprägt sind die Folgen des Fachkräftemangels auf den Umsatz laut eigenen Angaben in der Baubranche.

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In der heimischen Wirtschaft fehlt es bereits seit einigen Jahren branchenübergreifend an Fachkräften. Derzeit sieht Österreichs Mittelstand den Fachkräftemangel sogar als größte Gefahr für das Geschäft. Das zeigt eine Umfrage des Wirtschaftsprüfers EY, befragt wurden österreichweit über 600 Verantwortliche mittelständischer Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitenden.

Den Firmen fällt es laut der Befragung so schwer wie noch nie, geeignete Fachkräfte zu finden: 83 Prozent geben an, dabei Schwierigkeiten zu haben. Das ist der höchste Stand seit Erhebungsbeginn 2014. Auf der anderen Seite haben nur zwei Prozent keine Probleme bei der Rekrutierung geeigneter Fachkräfte. Besonders schwer fällt die Personalsuche im Tourismus, gefolgt von der Transport- und Energiebranche und dem Handel.

"Der Fachkräftemangel hat sich durch die Corona-Krise und den Wirtschaftsabschwung im letzten Jahr weiter verschärft. Es gibt innerhalb Österreichs keine Branche und kein Bundesland, das vom Fachkräftemangel verschont bleibt. Das bremst – gemeinsam mit dem Rohstoffmangel – den Wiederaufschwung nach der Krise", sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich.

Suche nach Beschäftigten

Die Bereitschaft, zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen, steige laut der Umfrage zum ersten Mal seit Anfang 2018 wieder. Konkret möchte mehr als ein Viertel (26 Prozent) in den kommenden sechs Monaten neues Personal einstellen. Zuvor sei die Zahl der Unternehmen, die von einem wachsenden Personalstand ausgingen, kontinuierlich gesunken. Nur fünf Prozent rechneten im Dezember 2021 (Erhebungszeitraum) mit einer abnehmenden Mitarbeiterzahl.

Ein Blick auf die Bundesländer zeigt: Die meisten neuen Stellen wollen Firmen in Oberösterreich (33 Prozent), Vorarlberg (30 Prozent) und Niederösterreich (29 Prozent) schaffen. Am wenigsten neue Arbeitsplätze sind im Burgenland (zehn Prozent) geplant

Umsatzeinbußen als Folge

Der Fachkräftemangel bedeutet auch eine enorme Herausforderung für die Wirtschaft: Bei fast vier von zehn Unternehmen (39 Prozent) verursacht das fehlende Personal Umsatzeinbußen. Jede zehnte Firma leidet sogar unter erheblichen Einbußen von mehr als fünf Prozent. Besonders ausgeprägt sind die Folgen in der Baubranche (58 Prozent), der Industrie (46 Prozent) und dem Gesundheitsbereich (44 Prozent). Auch die Tourismusbranche verliert trotz der Lockdowns und Stornierungen Umsätze (40 Prozent), weil es an geeignetem Personal fehlt.

Probleme bei der Fachkräftesuche haben laut der Umfrage Firmen in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland. Allerdings zeigen sich auch hier regionale Unterschiede: Am ausgeprägtesten ist der Fachkräftemangel in Vorarlberg sowie in Tirol und Niederösterreich.

Größte Sorge

Alles in allem rückt der Fachkräftemangel nach einem Jahr Pause wieder auf Platz eins der Unternehmenssorgen. Im Jänner 2021 sahen von EY befragte Betriebe noch in der Pandemie und einem wirtschaftlichen Abschwung die größten Gefahren für ihre Entwicklung.

Diese Ängste sind nicht verschwunden, rangieren aber klar hinter dem Fachkräftemangel (61 Prozent sahen darin eine Gefahr), Lieferkettenproblemen (51 Prozent) und stark schwankenden Rohstoffpreisen (49 Prozent). "Angesichts der demografischen Entwicklung ist die Sicherung des Fachkräftebedarfs eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte für alle Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft", sagt Lehner. (APA, red, 1.2.2022)