Abhängig: Anna Kolodzieskas umgedrehter Küchentisch.

Foto: Anna Kolodziejska

Spannende Orte für Gegenwartskunst sind in Tirol außerhalb des Ballungsraums Innsbruck dünn gesät und dementsprechend schwer zu finden. Was sich beispielsweise in der Inntalfurche mit dem Wörtchen "Galerie" schmückt, entpuppt sich häufiger als eines jener Shoppingcenter, die in den wild wuchernden Gewerbegebieten entstehen.

Ausnahmen bestätigen allerdings auch hier die Regel, die Galerie der Stadt Schwaz setzt bereits seit Mitte der 1990er-Jahre wichtige Impulse in der hiesigen Ausstellungslandschaft, im rund 40 Kilometer weiter östlich gelegenen Wörgl fällt wiederum seit einer ganzen Weile die Galerie am Polylog mit einem ambitionierten und weit über den Tellerrand hinaus orientierten Programm auf.

Angesiedelt ist die auf Vereinsbasis entstandene Einrichtung in einer ehemaligen Drechslerei, in der Kurator Günther Moschig bisher etwa bemerkenswerte Schauen der Wiener Künstlergruppe REM, über Kunst im Kontext von Pop rund um Figuren wie Kevin Coyne oder zuletzt eine Solo-Schau von Sevda Chkoutova organisiert hat.

Ironie der Dingwelt

In das zehnte Jahr ihres Bestehens startet die Galerie jetzt einmal mehr mit einem künstlerischen Dialog, auf den sich Anna Kolodziejska und Herbert Hinteregger miteinander eingelassen haben.

Die aus Polen gebürtige deutsche Künstlerin ist bekannt für ihre ironischen Befragungen der alltäglichen Dingwelt, die sie durch minimale Eingriffe in andere Bedeutungsebenen hievt. So auch jenen einfachen Küchentisch, der an einem Bein kopfüber von der Decke baumelt. Gemeinsamer Anknüpfungspunkt ist in diesem Fall aber der Kitzbüheler Schwarzsee, ein Moorgewässer, das den aus der Gegend stammenden Hinteregger einst zur Wahl seines ungewöhnlichen Malmaterials inspiriert hat.

Aus Kugelschreibertinte entstehen bei Hinteregger fast monochrome Abstraktionen, geometrische Kompositionen und eben jene opaken Oberflächen, die an unergründlich dunkle Wasser erinnern. Doch während Hinteregger mit seiner Malerei gezielt in den analogen wie auch digitalen Raum drängt, machen Kolodziejskas am Schwarzsee entstandene fotografische Seeerkundungen eher imaginäre Räume auf. Eine gewisse Melancholie und kontemplative Stille machen sich da wie dort breit. (jel, 4.2.2022)