Die Praterstraße soll bis Herbst 2024 umgebaut sein.

Rendering: ZOOMVP

Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) verwies auf den steigenden Radverkehrsanteil in Wien.

Foto: APA / Florian Wieser

In Wien wurde ein neuer Begriff kreiert: Nachdem die Pop-up-Radwege mit dem Aus der grünen Regierungsbeteiligung in der Versenkung verschwanden, gibt es jetzt den "Mega-Radhighway". Der erste seiner Art wurde am Freitag von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) präsentiert: Er soll vom Kagraner Platz in der Donaustadt auf sieben Kilometern Länge via Reichsbrücke/Donauinsel und Praterstern bis in die Innere Stadt führen.

Umgestaltung Abschnitt Praterstraße

Kernstück des Plans ist die Umgestaltung der Praterstraße: Hier wird auf der stadtauswärts führenden Seite ein rund 4,40 Meter breiter Zweirichtungsradweg geschaffen. Dafür kommt auch eine der beiden Autofahrspuren zwischen Donaukanal (Aspernbrücke) und Praterstern weg. Gleichzeitig bleibt der stadteinwärts führende Fahrstreifen weiterhin bestehen – womit den Radlern künftig Fahrspuren auf einer Breite von fast sechs Metern zur Verfügung stehen. Sima, die erst am Dienstag eine Räumung der besetzten Baustelle für das Projekt Stadtstraße durchsetzte, sprach von einer "fairen Verteilung des öffentlichen Raums. Radfahren boomt." Auf dem Praterstern wurden im Vorjahr mehr als 1,3 Millionen Radfahrende gezählt.

Stadtauswärts fällt eine Fahrspur weg. Auch die Anzahl der Parkplätze wird reduziert. Für Radfahrer steht dann ein mehr als vier Meter breiter Zweirichtungsweg zur Verfügung.
Rendering: ZOOMVP

Alexander Nikolai, roter Bezirksvorsteher im Zweiten, verwies zudem darauf, dass im Zuge der Straßenbauarbeiten auch Areale wie der Nestroyplatz entsiegelt würden: Hier seien eine Attraktivierung mit Bäumen, Wasserelementen sowie Sitzmöglichkeiten angedacht. "Das ist mehr als nur ein Umbau." Laut Sima werden mit der Neugestaltung auch einige Parkplätze wegfallen. Wie viele, konnte sie vorerst noch nicht beziffern. Die Gehsteige sollen weitgehend unverändert bleiben, der Mittelstreifen der Praterstraße wird durchgängig begrünt. Die Bauarbeiten sollen im Herbst 2022 starten und zwei Jahre später abgeschlossen sein.

Der Nestroyplatz soll attraktiviert und auch grüner werden.
Rendering: ZOOMVP

Die roten Pläne basieren freilich auf einem Konzept eines politischen Konkurrenten: Die Wiener Grünen hatten noch vor der Wien-Wahl 2020 – als die Partei noch Verkehrsstadträtin (Birgit Hebein) und Bezirksvorsteherin (Uschi Lichtenegger) stellte – bereits Pläne für die Praterstraße präsentiert. Diese sahen ebenfalls einen Wegfall einer Fahrspur und 2,3 Meter breite Radwege auf beiden Seiten vor, 100 von 169 Parkplätze sollten eliminiert werden. Diese Vorhaben wurden unter SPÖ-Federführung nun aber "überarbeitet", wie die SPÖ betonte: Sima meinte, dass mit den aktuellen Plänen ein "Gesamtkonzept" geschaffen worden sei, das es bei den Grünen nicht gegeben habe.

Stadteinwärts bleiben zwei Fahrspuren – und der bestehende Radweg. Aber mehr Grün soll kommen.
Rendering: ZOOMVP

Andererseits haben Vertreter der SPÖ auch die Pop-up-Radwege der Grünen, die im Jahr 2020 auf je einer Autospur in der Prater- und Lassallestraße temporär umgesetzt wurden, immer kritisiert. "Die Pop-up-Radwege müssen weg", sagte Alexander Nikolai noch im Wien-Wahlkampf 2020.

2020 hatte Birgit Hebein, die Ex-Chefin der Wiener Grünen, temporäre Pop-up-Radwege umgesetzt – auch auf einer Autofahrspur der Praterstraße. Die standen den Radfahrern quasi sofort zur Verfügung.
Foto: Christian Fischer

Umgestaltung Abschnitt Lassallestraße

Ein weiterer Abschnitt des Rad-Großprojekts diesseits der Donau wird noch heuer im Herbst gestartet. Von der Reichsbrücke via Donauinsel stadteinwärts kommend, mündet der Radweg zunächst in die Lassallestraße. Auch dort wird im Zuge des Umbaus eine Pkw-Fahrspur – diesmal eine, die stadteinwärts führt – bis zum Praterstern gekappt. Hier verringert sich die Zahl von drei auf zwei Autofahrstreifen. Die Radler erhalten stattdessen auf einer Länge von etwa 900 Metern mehr Platz: Der bestehende Radweg wird ebenfalls auf über vier Meter verbreitert, dazu werden die Grünflächen vergrößert. Neos-Planungssprecherin Selma Arapović meinte, dass Radfahrer nach dem Umbau "ganz bequem und sicher" von der Innenstadt auf die Donauinsel oder zur Alten Donau kämen.

Umgestaltung Aspernbrückengasse

Mehr Platz für Radfahrer gibt es künftig schon ab dem Donaukanal über die Aspernbrücke in Richtung der gleichnamigen Gasse. Diese mündet dann in die Praterstraße.
Rendering: ZOOMVP

Beim Weg von der Donau in Richtung Innenstadt geht es nach der Lassallestraße, Praterstern und Praterstraße zur Aspernbrückengasse, die über den Donaukanal führt. Dort werden die bestehenden Radwege in zwei Jahren durch einen Zweirichtungsradweg ergänzt, der auf der Aspernbrücke fortgesetzt wird. Der Umbau wird mit der Sanierung der Brücke koordiniert, die ab April 2023 geplant ist. Ein Nadelöhr für Radler ist aktuell auch noch der Kreuzungsbereich vor der Urania. Dieser Bereich soll entschärft werden, sagte Wiens Radverkehrsbeauftragter Martin Blum.

Umgestaltung Wagramer Straße

Jenseits der Donau im 22. Bezirk ist der erste Abschnitt des Radwegumbaus auf der Wagramer Straße zwischen dem gerade in Errichtung befindlichen DC Tower 3 und der Alten Donau bereits umgesetzt.

In weiterer Folge wird noch in diesem Jahr ein Zweirichtungsradweg von der Kagraner Brücke bis zum Donauzentrum errichtet. 2023 ist dann die Strecke zwischen dem Einkaufszentrum und Kagraner Platz dran. Die zwei geplanten Einrichtungsradwege sind hier Teil eines größeren Umbaus: Nicht mehr benötigte Straßenbahngleise, die nach der U1-Verlängerung obsolet wurden, werden entfernt.

Noch im Februar will Verkehrsstadträtin Sima zudem weitere neue oder größere Radwege in der Donaustadt präsentieren. Das Gesamtpaket des Radwegeausbaus für die kommenden Jahre folgt dann im März.

Grüne kritisieren "Schmalspurvariante"

Beifall für die Pläne kamen von der SPÖ und den Neos. Auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) begrüßte die Pläne und verwies darauf, dass alleine auf der Lassallestraße der Radverkehr in den vergangenen sieben Jahren um 40 Prozent zugenommen hat, beim Praterstern waren es über 50 Prozent. Es seien aber weitere Verbesserungen nötig: Schmale Radwege müssten verbreitert und Lücken im Radwegenetz rasch geschlossen werden.

Die Grünen sahen eine "Schmalspurvariante der grünen Pläne", wie Mobilitätssprecher Kilian Stark sagte. Die Renderings würden Schritte in die richtige Richtung signalisieren, Bürgerbeteiligung und fertige Planungen aber ignorieren. Außerdem müssten die Pläne weiterreichen, um das Ziel von viel weniger Autoanteil in Wien zu erreichen: Laut Stark sollte auf der Praterstraße auch stadteinwärts eine Pkw-Spur gekappt werden.

FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik sprach von "autofahrer- und umweltfeindlichen" Plänen. "Auf Kosten der Autofahrer soll nun ein Radlweg von einer Dimension gebaut werden, auf dem problemlos die Tour de France gefahren werden könnte", sagte der begeisterte Radfahrer, der nach Eigenangaben "beinahe täglich von Essling in die City radelt". Die Feinstaub- und CO2-Belastung werde durch massive Staus steigen. (David Krutzler, 4.2.2022)