Stau auf der A23, der Südosttangente.

Foto: Toppress / Schöndorfer

Wien – Fragt man die Wienerinnen und Wiener, was in der Stadtpolitik wichtig ist, dann kommen die Themen des Individualverkehrs ziemlich weit hinten auf der Liste. Eine Liste mit 37 Themen ließ DER STANDARD durch das Linzer Market-Institut einer repräsentativ ausgewählten Gruppe von Wahlberechtigten vorlegen und mit Schulnoten von eins bis fünf bewerten.

Die besten Noten bekamen ein Ausbau der Pflegeeinrichtungen (Durchschnittsnote 1,82), die Verbesserung der Gesundheitsversorgung (1,86) und der Ausbau der U-Bahn (1,88).

Zum Vergleich: Verbesserungen für Autofahrer bekommen als am wenigsten geschätztes Thema nur einen Dreier. 16 Prozent halten solche Verbesserungen für so wichtig, dass sie einen Einser vergeben, für den Ausbau des U-Bahn-Netzes gibt es von 43 Prozent einen Einser.

Umgekehrt wird der Ausbau der U-Bahn nur von zwei Prozent mit einem Fünfer bedacht, die Verbesserungen für Autofahrer werden dagegen von 19 Prozent völlig abgelehnt. Mit der Gegenthese – also einer Einschränkung des Autoverkehrs – ist in Wien allerdings auch nicht viel zu gewinnen: Da gibt es von 18 Prozent einen Einser, für eine Reduktion des Autoverkehrs in der Innenstadt immerhin von 24 Prozent.

Dazu muss man wissen: Von den Befragten gab nur ein Fünftel an, an beinahe allen Werktagen mit dem Auto zu fahren – 26 Prozent der Befragten (und sogar 40 Prozent der Menschen unter 30 Jahren) sagten, dass sie in Wien gar nicht Auto fahren. Und das schlägt sich dann auch in der Interessenlage bei den Verkehrsthemen nieder. Andererseits bekennen sich Bewohner der Bezirke jenseits der Donau (21 und 22) in besonders hohem Maß zum häufigen Autofahren.

Konkrete Nachfrage

Die intensiven Nutzer von Pkws geben auch dem Lobautunnel und der Stadtstraße besonders hohe Priorität – und sie lehnen das flächendeckende Parkpickerl in überdurchschnittlichem Maße ab.

Konkret ließ DER STANDARD zu den Themen Lobautunnel und Stadtstraße nachfragen – und zwar mit der Wahl zwischen zwei häufigen Aussagen:

  • "Die einen sagen, dass der Autobahnring mit einem Tunnel unter der Lobau fertiggestellt werden sollte. Die anderen sagen, der Lobautunnel wäre schlecht für das Klima und der Autobahnring sollte daher nicht geschlossen werden. Was meinen Sie?" Darauf bekannten sich 54 Prozent zum Tunnelbau, 29 Prozent sind dagegen, der Rest unentschieden. Hier wird besonders deutlich, dass intensive Autonutzer mit großer Mehrheit für, Nichtautofahrer mit etwas weniger großer Mehrheit dagegen sind. Die höchste Gegnerschaft gibt es erwartungsgemäß unter den bekennenden Grünen.
  • Ähnlich ist es mit der Stadtstraße: "In Wien-Donaustadt wird ja die Errichtung einer Stadtstraße diskutiert. Auch dazu gibt es zwei Meinungen: Die einen sagen, dass diese Stadtstraße wichtig für die Bevölkerung ist und eine Verkehrsentlastung und eine bessere Anbindung für die Anrainer bedeuten würde. Die anderen sagen, dass die Stadtstraße noch mehr Verkehr bringen würde und daher Klima, Umwelt und Bevölkerung belasten würde. Was meinen Sie?" Hier vertreten 60 Prozent die Meinung, die Stadtstraße wäre eine Entlastung. In der unmittelbar betroffenen Bevölkerung Transdanubiens sind es sogar 70, unter den Vielfahrern 81 Prozent. Die – vor allem von jungen und Grünen-affinen Befragten vertretene – Ablehnung der Stadtstraße kommt nur auf 21 Prozent.

Protestaktionen

Und wie ist das mit den Protesten? Dazu wurden zwei Fragen gestellt:

  • Zunächst wurde gefragt, ob Proteste und Demonstrationen gegen den Straßenbau wahrgenommen wurden. Das bestätigen 73 Prozent der Befragten.
  • Dann wurde gefragt, ob "das Anliegen gerechtfertigt ist und Sie sich vorstellen können, den Protest mitzutragen". Da melden sich wieder um 21 Prozent, die die Proteste als berechtigt empfinden. (Conrad Seidl, 9.2.2022)