Foto: KIRILL KUDRYAVTSEV

Für die User ist der Messenger-Dienst Telegram kostenlos – und das wird wohl auch so bleiben, obwohl laut eigenen Aussagen der Betreiber keine Nutzerdaten an Dritte weiterverkauft. Selbst Werbung in der App war lange Zeit nicht zugelassen. So stellt sich die Frage, wie die App bisher Geld verdienen konnte und warum seit November nun doch gelegentlich Werbebanner zu sehen sind.

Volle Taschen

Telegram muss kein Geld verdienen – zumindest war das ursprünglich offenbar nicht die Absicht von Gründer Pawel Durow, dessen Vermögen von "Forbes" auf rund 17 Milliarden Dollar geschätzt wird. Mit dem Gedanken, zumindest einen Teil der Kosten durch Werbeanzeigen zu refinanzieren, spielte der russische Unternehmer in den letzten Jahren aber immer wieder. Vor allem auf seinem eigenen Telegram-Kanal, auf dem er laufend seine Ideen kundtut, kann man das Weiterspinnen seiner Ideen und die spätere Umsetzung nachverfolgen.

In einem neuen Bericht hat sich netzpolitik.org die jüngste Idee Durows genauer angesehen – "Sponsored Messages", die man seit November auf der Plattform buchen kann. Hier werden Anzeigen in Kanälen mit mehr als 1.000 Abonnenten ausgespielt. Da die Plattform aber keine Daten über die Nutzer sammelt, dient als Basis für die Platzierung allein das Thema der Gruppe, etwa Musik oder Sport. Werbekundinnen können dann die Ausspielung auf Sprachen oder Themen begrenzen, wie das Einstellungsmenü auf Telegram zeigt.

Auch die Themenbereiche "Gesundheit und Medizin" sowie "Wetten und Glücksspiel" zählt netzpolitik.org auf und schließt aus der Auswahl, dass Telegram zumindest Schwerpunktthemen seiner Nutzer sehr wohl kennt. Die Art der Werbung ist in jedem Fall sehr eingeschränkt. Lediglich Botschaften mit einer Länge von 160 Zeichen dürfen in dem Messenger geschalten werden. Ob später Bilder oder Videos folgen werden, steht nicht fest.

In einer Liste von Produkten, die nicht beworben werden dürfen, finden sich neben Drogen und Pornografie auch Wahlen, Bewegungen und Kandidaten.

Foto: Telegram via Netzpolitik.org

Hohe Einstiegshürde

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, diesen Messenger für seine Produkte zu nutzen, sollte ausreichend Budget bereitstellen. Für eine einzige Anzeige verlangt Telegram aktuell nämlich zwei Millionen Euro. Wem diese Summe bereits hoch oder aus der Luft gegriffen vorkommt, der sollte sich die Richtlinien für die Anzeigenschaltung noch genauer durchlesen.

Die Summe sieht die Plattform nämlich als Vorauszahlung an, noch bevor man eine einzige Anzeige geschalten hat. Damit soll "die hohe Qualität von Anzeigeninhalten" gewährleistet werden, schreibt Telegram. Die Hälfte der Summe diene generell als Kaution, die andere Million darf als Anzeigengeld genutzt werden. Die Kaution kann übrigens auch einbehalten werden, wie die Richtlinien erklären. "Wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird und der Werbekunde weniger als zehn Millionen Euro an Anzeigen innerhalb von zwölf Monaten geschaltet hat, wird die Kaution von Telegram einbehalten."

So kommen wohl nur sehr große Konzerne infrage, diese Summen bei dem Messenger investieren zu können. Dass Amazon oder große deutsche Unternehmen bei Telegram für solche Summen Werbung schalten würden, halten die Experten im Bericht von netzpolitik.org für unwahrscheinlich. Der Ruf der Plattform sei in Europa schlecht, zudem würden werbende Firmen wissen wollen, wer diese Anzeigen am Ende sieht. Aufgrund der eingeschränkten Datensammlung der Plattform und der fehlenden Möglichkeit, auf die eigene Website zu verlinken, sei das nicht gegeben. Auch die Reichweite von Telegram sei mit acht Prozent Marktanteil im deutschsprachigen Raum überschaubar. Whatsapp liegt bei etwa 81 Prozent.

Wer mit kleinerem Budget auf Telegram werben will, kann das auf Umwegen tun. Über Drittanbieter können in bestimmten Kanälen Werbeplätze gebucht werden, die auch Links enthalten dürfen. Als Werbung gekennzeichnet sind diese laut netzpolitik.org allerdings nicht. (red, 8.2.2022)