Das "Gsindl" hat keine Pluralform, es ist ein Kollektiv, das einst hart für andere gearbeitet hat.

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Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kam in einer Chatnachricht zu der Conclusio, dass die politischen Mitbewerberinnen und Mitbewerber der Sozialdemokratie nicht nur "Gsindl" seien, sondern es auch blieben. Dass sie damit nichts Freundliches zum Ausdruck bringen wollte, ist so weit klar. Aber wo kommt eigentlich das "Gsindl" her? Das Gsindl, oder schöner, aber nicht weniger abfällig gebräuchlich, das Gesindel, ist ein aus dem Frühneuhochdeutschen, konkret aus dem 16. Jahrhundert, stammendes Wort, das zunächst nur eine Verkleinerung des Gesindes war.

Weggefährten

Die Wurzeln des Gesindes wiederum gehen bis weit ins sechste Jahrhundert zurück. Es bezeichnete ursprünglich die Begleitung, den Gefährten oder auch Kameraden, jemanden, der den gleichen Weg hat. Es gab das latinisierte "gasindius" und einst, so kann man es im Kluge, dem etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache, nachlesen, kam der Begriff auch altsächsisch als "gisidi", althochdeutsch als "gisindi" und erst im Mittelhochdeutschen als "gesinde" daher. Anders als das Gesindel ist das Gesinde veraltet und heute vielen nur noch als Wortteil im Gesindehaus bekannt. Also in jenem Gebäude, in dem etwa auf Bauernhöfen Mägde und Knechte wohnten.

Doch die Bedeutungswandlung von der Begleitung zur Dienerschaft vollzog sich erst in neuhochdeutscher Zeit. Die daraus abgeleitete "kleine Dienerschaft", also das eingangs erwähnte Gesindel, bekam über die Zeit erst regional, dann überregional den schlechten Ruf, der ihm bis heute anhängt. Es wurde in der Hochsprache irgendwann gleichbedeutend mit dem sogenannten Lumpenpack.

Immerhin: Genderneutral

Das Gsindl ist übrigens genderneutral und hat keine Pluralform. Es handelt sich um ein Kollektiv, das einst hart für andere gearbeitet hat – und dann dafür beschimpft wurde. (Colette M. Schmidt, 8.2.2022)