Von Juni bis August ist die Temperaturdifferenz zwischen Wäldern und Freiland am größten – dank der üppigen Belaubung.

Foto: Imago/Jan Eifert

An heißen Sommertagen, wenn die Bäume voll belaubt sind, ist es in Wäldern um vier bis fünf Grad Celsius kühler als im Freiland. Das zeigt eine im Fachjournal "Frontiers in Forests and Global Change" veröffentlichte Studie österreichischer Forscherinnen und Forscher. Sie haben in der Arbeit auch gezeigt, dass sich die nur schwer messbare Belaubung der Bäume anhand der vorherrschenden Temperaturdifferenz zwischen Freiland und Wald abschätzen lässt.

Die Belaubung wirkt sich maßgeblich auf die Holzproduktion eines Baumes und den Austausch von Wasser, Kohlendioxid und Sauerstoff mit der umgebenden Atmosphäre aus. Doch selbst mit modernen Messmethoden ist die Belaubung – meist durch den "Blattflächenindex" beschrieben, der das Verhältnis zwischen Blatt- bzw. Nadelfläche und der darunterliegenden Waldfläche angibt – nur schwer zu bestimmen.

Rückschlüsse auf das Blätterdach

Forschende des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) haben nun untersucht, ob sich die Belaubung nicht auch anhand von anderen Messgrößen abschätzen lässt. Sie analysierten dazu einen Buchenwald im niederösterreichischen Klausen-Leopoldsdorf im Zeitraum von 2011 bis 2019. Es handelt sich um eine der 16 vom BFW betreuten Intensivbeobachtungsflächen des europäischen Waldmonitorings in Österreich, wo neben Baumwachstum, chemischen Analysen zu Nadelgehalten oder Bodeneigenschaften auch meteorologische Daten erhoben werden.

Als Indikator für den Zustand der Belaubung verwendeten das Team um Anita Zolles vom BFW den Unterschied zwischen den Temperaturmaxima im Freiland und im Wald. Bei nur geringer Belaubung kann ähnlich viel Sonnenstrahlung wie im Freiland durch die Baumkronen dringen und die Waldluft erwärmen – die Maxima unterscheiden sich nur wenig. Ist die Belaubung dagegen stark ausgeprägt, sind die Temperaturunterschiede dementsprechend größer.

Relevante Messgröße

Die Temperaturdifferenz zeigte dabei im mittleren Jahresverlauf zwei nahezu konstante Phasen: Vom 21. November bis 5. April war der Unterschied minimal, da der Wald in diesem Zeitraum unbelaubt ist. Vom 9. Juni bis 28. August, also in der Zeit, in der das Blattwachstum abgeschlossen und die Belaubung voll ausgeprägt ist, war die Differenz der Maximaltemperaturen am größten. Zwischen diesen Phasen finden im Frühjahr das Blattwachstum und im Herbst die Entlaubung statt.

Zusätzlich wurden auch Beobachtungen über die Entwicklungen in der Natur in die Studie miteinbezogen. Die Daten zu Blattentfaltung und Entlaubung stammten dabei einem Citizen-Science-Projekt der ZAMG, das Entwicklungsphasen verschiedener Pflanzenarten dokumentierte. Dabei zeigte sich, dass diese Beobachtungsdaten mit den Temperaturdifferenzen sehr gut übereinstimmen.

Für die Wissenschafter zeigt die Studie, dass über den Unterschied der Maximaltemperatur zwischen Freiland und Wald eine kontinuierliche Schätzung des Blattflächenindex möglich ist. Die Ergebnisse könnten etwa dafür genutzt werden, die Auswirkungen des Klimawandels auf Laubentwicklung und -abwurf sowie den Einfluss von Klimaextremen auf den Belaubungszustand näher zu untersuchen. (APA, red, 11.2.2022)