Schwarze Göttinnen in Weiß und Will Smith als Vater in dem um positive Stereotype nicht verlegenen Sportdrama "King Richard".


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Tennis war lange ein weißer Sport. Und zwar buchstäblich, denn es war üblich, in ebensolcher Kleidung auf den Platz zu gehen. Da sind die Regeln inzwischen nicht mehr so streng, und auch unter den Athletinnen und Athleten findet man längst die ganze Weltgesellschaft mit ihren Migrationsgeschichten vertreten.

Die afroamerikanischen Schwestern Venus und Serena Williams waren Pionierinnen dieser Veränderung. Sie haben das Damentennis jahrzehntelang dominiert. Ihre Karriere wurde maßgeblich durch ihren Vater geprägt, der in der Öffentlichkeit manchmal in ein etwas schiefes Bild geriet, um nicht zu sagen, das eine oder andere latent rassistische Vorurteil kam ihm gegenüber zum Ausdruck.

Will Smith rückt das nun in dem Film King Richard zurecht: Er spielt Richard Williams als einen zwar eigenwilligen, im Grunde aber immer der richtigen Intuition vertrauenden Lebenscoach. Sein Vertrauen in das Talent der Töchter ist unerschütterlich, vor allem aber geht es ihm darum, eine afroamerikanische Musterfamilie zu schaffen, mit ein bisschen nötiger Härte und einer beharrlichen Zurückweisung der vorschnellen Vereinnahmung durch die Tennisindustrie.

Schwere Krise

Das ergibt Szenen mit hohem Identifikationspotenzial: Ein weißer Mann – im Auftrag einer der großen Sportmarken – winkt mit einem dicken Scheck und wundert sich, dass man ihm das begabte Kind nicht sofort mit Haut und Haaren ausliefert.

In King Richard geht es aber nicht nur um die beste Pädagogik für zwei aufstrebende Athletinnen. Es geht geradezu um einen Gegenentwurf sowohl zu den Problemen der Ghettos wie zu den Exzessen des Kapitalismus. Familie Williams kommt aus Compton, also aus der härtesten Gegend für die Herausbildung von selbstbewussten Schwarzen, die es an der Westküste gibt. Die weiße Spielerin Jennifer Capriati dient hingegen als warnendes Beispiel: Sie hatte auch einen ehrgeizigen Vater im Hintergrund, wurde aber schon in jungen Jahren verheizt und hatte noch als Teenager eine schwere Karrierekrise.

Inbrünstig zelebriert

Das Drehbuch von Zach Baylin walzt die Unbeirrbarkeit des Helden ziemlich stark aus. Er kann dabei ganz schön nerven, wenn er etwa immer wieder die Fußstellung seiner Töchter im Spiel korrigiert, obwohl er doch selbst alles dafür getan hat, dass sie bei dem besten (weißen) Coach lernen können – der dann aber keineswegs das letzte Wort hat.

Für Will Smith ist das eine dankbare Rolle, denn er kann Richard Williams schön auf der Kippe zwischen einem liebenswürdigen Ekel und einem visionären Heiligen anlegen. Das Hollywood-Stereotyp vom Einzelkämpfer wird einmal mehr geradezu inbrünstig zelebriert – in einer einzigen Szene mit der Ehefrau gibt es dann auch einmal wirklich relevantes Kontra, zumeist aber folgt King Richard einem erwartbaren Szenario.

Erfolgreicher als Venus

Zach Baylin glättet dabei einige der Lebensumstände von Richard Williams, er verkehrt die teils missgünstige Presse von früher in eine dezidiert positive. Auch ein dramaturgisches Problem lösen Baylin und der Regisseur Reinaldo Marcus Green ganz gut, denn es war die jüngere Serena, die noch erfolgreicher wurde als Venus, um deren Karrierestart es in King Richard aber vor allem geht, weil sich der Film andernfalls historisch verhaspeln würde.

Die Geschichte passt perfekt in die aktuelle Situation: ein Erbauungsfilm für das schwarze Amerika und für alle, die auf eine Gesellschaft hoffen, in der Hautfarbe und Klischees das Zusammenleben nicht mehr vergiften, sondern allein Leistung zählt auf dem Weg nach ganz oben.

Auch King Richard arbeitet in der Manier typischer liberaler Hollywood-Filme mit Stereotypen, aber so, dass der Film positive zu schaffen versucht. Es könnte Oscars regnen. Sechs Nominierungen, darunter für den besten Film und das beste Drehbuch, sind Hinweise. Und den besten Schauspieler: In dieser Kategorie wird der Weg zur Trophäe heuer eindeutig über Will Smith führen. (Bert Rebhandl, 21.2.2022)