Semyon Bychkov kommt mit der Tschechischen Philharmonie.

Foto: Imago

Wien – Als das Festival "Grenzgänge", das am Dienstag mit einem Vortrag von Barbara Coudenhove-Kalergi beginnt, tschechische Musik zum Thema erkor, war die europäische Welt eine ziemlich andere. Und auch der Leiter des Wiener Musikvereins, Stephan Pauly, hätte wohl nicht gedacht, dass mitten in der Pandemie ein zusätzliches Thema für Dramatik sorgen würde. "Wir sind tief erschüttert über den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine", meint Pauly. "Als Zeichen der Solidarität möchten wir mit Dirigent Semyon Bychkov und der Tschechischen Philharmonie ihre Konzerte den Menschen in der Ukraine widmen und allen, die vom Krieg betroffen sind."

Die tschechischen Gäste werden nicht nur den Klassiker Má vlast ("Mein Vaterland") von Bedřich Smetan interpretieren. Sie geben auch Werke, deren Schöpfer unter zum Tod führenden Bedingungen Musik schrieben. Offensichtlich wird dies durch Werke von Miloslav Kabeláč und Viktor Ullmann. Letzterer komponierte im Konzentrationslager Theresienstadt, bis er umgebracht wurde, wie Pavel Haas und Ilse Weber, deren Werke ebenfalls zu hören sind. Zu entdecken gibt es außerdem das Werk der Dirigentin und Komponistin Vítězslava Kaprálová (1915–1940), wobei die Reihe Grenzgänge natürlich auch Stars präsentiert.

Vertanzter Dvořák

So hört man im Klavierbereich Yuja Wang und Katia und Marielle Labèque. Sir András Schiff und Jewgenij Kissin werden sogar zum Klavierduo. Einen Liederabend gibt wiederum Magdalena Kožená, während Cornelius Obonya anderntags aus Stefan Heyms Der Fall Glasenapp liest.

Für Pauly sind Festivals ein zentrales Element seiner zukünftigen Planung: Neben "Grenzgänge" seien die Schwerpunkte mit Michael Haneke Ende März oder das Festival "A!" im Mai und Juni gute Beispiele, so Pauly, der mit seinen Ansätzen auch über das reine Musikangebot hinausgehen will. Bei "Capriccio" werden etwa Maria Elena Susmakova und Jules Lazare Mekontchou den Komponisten Dvořák von der Tanzseite her ausloten. (Ljubiša Tošić, 1.3.2022)