Le Cru, Comptoir de Champagne war eines der ersten Champagner-Fachgeschäfte.

Foto: Christian Fischer

Die Perlage ist voller selbstimportierter Flaschen.

Foto: Christian Fischer

Die traditionelle Maßlosigkeit vor den langen Tagen des Kasteiens steht aktuell wieder an. Fische werden in Mayonnaise gebadet, Übertragungen aus Kärnten gestartet – da muss auch der Schaumweinkeller gut bestückt sein, bevor es am Aschermittwoch mit dem Fasten losgeht.

Die bekannten Glitzerflaschen der großen Weltmarken und Handelshäuser stehen entwürdigt in Supermärkten herum – um die macht man einen Bogen beziehungsweise schenkt sie weiter. Wer ein bisserl etwas auf der Kante oder gar Geschmack hat, greift da bevorzugt zu Produkten aus der Champagne, zu Winzerchampagnern. Den wirklich interessanten Stoff beziehen die Kennerinnen und Kenner der Champagnerszene unter anderen in folgenden Geschäften und Bars:

Kompetenz statt Eitelkeit

Da ist vorweg das Capsule – Salon de Champagne von Fritz Blauert zu nennen. Am Tiefen Graben angesiedelt, hindert es seine Kundschaft, tiefer in die Innenstadt vorzudringen. Die Beratung ist absolut top, ab rund zwanzig Euro ist man dabei und kann zwischen den vielen Winzerchampagnern und jenen der großen Häuser gustieren. Dort trifft sich die Kompetenz und nicht die Eitelkeit.

In der Dürergasse 3 in Mariahilf hat man ebenso die Freude der großen Auswahl. Dort hat Nicola Neumann ihr Champagne Characters Garden Wien aufgesperrt. Der Online-Shop ist in Deutschland Marktführer in Sachen Winzerchampagner. Mit der Boutique und lauschigen Tagesbar samt entzückendem Hinterhofgarten wird es Neumann nicht schwerfallen, auch in Wien entsprechend zu reüssieren. Champagnerspezialist Michael Kantor empfiehlt auf speising.net, dort nach dem Pierre Moncuit Millésime 2008 Grand Cru Blanc de Blancs zu fragen: "präzise, tolle Säure, Apfel, Brotteig, toller Stoff". Sollte zu saurem Hering passen.

Champus am Fleischmarkt

Eine Bank in Sachen Champagner ist die Dosage Bar à Champagne von Friso Schopper am Fleischmarkt. An die 150 Champagner stehen zur Auswahl, die Bar selbst ist schon einen Besuch wert. Und wer zusätzlich zur Flasche ein gutes Geschenk sucht, nimmt am besten die speziell für seine Bar angefertigten, mundgeblasenen Champagnerglasunikate Coupe Dosage vom Hersteller Zalto mit.

Eines der ersten Fachgeschäfte für Champagner in Wien war das Le Cru – Comptoir de Champagne in der Innenstadt. Wer schon lange nicht mehr dort vorbeigekommen ist – keine Überraschung, leidet es doch seit einer gefühlten Ewigkeit unter der Großbaustelle am Petersplatz. Neben den erstklassigen Champagner-Maisons gilt auch hier das Interesse den kleinen Produzenten. Es gibt wöchentliche Verkostungen, Champagner-Abos, und die Bar reizt die Bandbreite des Angebots voll aus.

Selbstimportierte Flaschen

Womöglich der Urmeter des Winzerchampagnerhandels, auf jeden Fall die Keimzelle in Wien, ist die Perlage in der Schleifmühlgasse. Das winzige Geschäft birst vor selbstimportierten Flaschen, die attitüdenfreie Beratung durch den pensionierten Eisenbahner Othmar Eugl ist unkompliziert, vergnüglich und sehr persönlich. Man spürt die persönliche Begeisterung, die resultierende Kompetenz und freut sich über diesen niederschwelligen Zugang zu dem vermeintlichen Attribut der Reichen und Schönen.

Ein paar Stunden in der Woche hat auch das Hablé Champagne et plus in der Seidlgasse geöffnet. Es bietet neben Champagner weitere Weine und Delikatessen aus Frankreich an. So wie auch das sympathische Un jour en France in der Westbahnstraße 9: Das Leitprodukt ist auch dort der Winzerchampagner, zu kaufen gibt es zusätzlich Stillweine und Delikatessen aus der Grande Nation.

Ein relativ neuer Mitspieler ist das Champagne et bien plus encore in der Walfischgasse. Über hundert verschiedene Sorten aus 18 kleinen Champagnerhäusern werden exklusiv angeboten. Aber nicht nur das, auch Vintage-Brillenfassungen von Ruggero Lupo und moderne Frames von Götti, Nine und Tom Davies finden dort ihre Käuferinnen. War das Geschäftslokal doch über vierzig Jahre lang ein Optiker und eine Augenarztordination.

Der Rahmen ist also entsprechend speziell. Dahinter steht der ehemalige Mitinhaber des Café Oper, Thierry Voyeux, ein Belgier und seit sechs Jahren stolzer Chevalier des Côteaux de Champagne – eine geschlechterübergreifende Champagner-Bruderschaft aus dem 17. Jahrhundert mit dem Ziel, Besonderheit und Vielfalt der Champagne-Weine hervorzuheben.

Sein Tipp zu Fisch und Meeresfrüchten: ein Extra-Brut von Françis Orban aus Leuvrigny, non-vintage, 100 Prozent Pinot Meunier mit 3 g/l dosage. Einfach danach fragen.

Fernseher aus, genießen!

Wenn demnach der Tisch ein letztes Mal so richtig fett eingedeckt ist, wenn die im genannten Fachhandel empfohlenen Winzerchampagner auf zehn Grad gekühlt sind, dann "los ma den Fernseher lei nit lafn …" – Empfehlung der Redaktion. (Gregor Fauma, 1.3.2022)