Yuja Wang gab Sergei Rachmaninows erstes Klavierkonzert.

Wesely

Tschechische Wochen im Musikverein! Als Herzstück des Festivals Grenzgänge dürfen wohl die drei Auftritte der Tschechischen Philharmonie unter Semjon Bytschkow gelten. Nach dem ersten Abend mit Bedřich Smetanas Mávlast (Mein Vaterland) und der ukrainischen Nationalhymne lockten die Tschechen am Freitag mit einer schillernden, silbrig glitzernden Solistin in den Goldenen Saal: Yuja Wang gab Sergei Rachmaninows erstes Klavierkonzert. Eine Demonstration fulminanter Kraft war schon das Intro, das die 35-Jährige mit einem soften Cis-Dur-Dominantseptakkord abrundete und so das melancholische Hauptthema vorbereitete.

Es folgte eine Interpretation des Jugendwerks, die keine Wünsche offenließ: technisch stupend, abwechslungsreich und beseelt bis ins Detail. Sogar dort, wo das melodische Geschehen im Orchester von figurativen Oktavparallelen umrankt wird, verstand es Wang, daraus verspielte Kommentare zu formen. Erst brutal, dann babyzart und dann bombastisch wirkte die Kadenz des Kopfsatzes; versonnen das Solo am Beginn des langsamen Satzes, wie im Jazzclub. Schön mit anzuschauen, wie verzückt die Musiker und Musikerinnen oft lächelten ob der Schöpferkraft der Chinesin.

Gemäßigt moderne Passacaglia

Bei Antonín Dvořáks achter Symphonie erfreute die Tschechische Philharmonie mit einer Deutung, die an die tschechische Küche erinnerte: üppig, sinnlich und köstlich. Interessant das erste Stück des Programms, die 1960 uraufgeführte, gemäßigt moderne Passacaglia für großes Orchester des tschechischen Komponisten Miloslav Kabeláč mit dem Titel Mysterium der Zeit. Schwebend der Beginn, wie ein Ticken der Uhr die Pizzicati der Kontrabässe; eine großangelegte Steigerung sollte folgen. Es gab sogar drei Zugaben, eine von Wang und zwei von den Tschechen, und auch darum sehr viel finale Freude. (Stefan Ender, 7.3.2022)