Frisurtechnisch erinnert der 54-jährige Angeklagte nicht unbedingt an einen strammen rechten Recken. Er will mit der Szene auch abgeschlossen haben, sagt er, und freue sich auf seine Rolle als Großvater.

Foto: moe

Wien – Der damalige Innenminister und heutige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) opferte im Dezember 2020 seinen Samstagvormittag und trat in der Zentrale der Landespolizeidirektion Wien am Schottenring bei einer kurzfristig organisierten Pressekonferenz auf. "Einer der größten Waffenfunde der vergangenen Jahrzehnte" wurde damals vermeldet und ein Verdacht in den Raum gestellt: Der 54-jährige Peter B. habe einen schwunghaften Waffen- und Drogenhandel betrieben und wollte mit dem Kriegsmaterial wie Sturmgewehren und Maschinenpistolen möglicherweise rechtsextreme Milizen in Deutschland unterstützen. Bei der Vita des 13-fach Vorbestraften klang das plausibel: Er war früher Gefolgsmann von Gottfried Küssel und hat wegen Verurteilungen nach dem NS-Verbotsgesetz unbedingte Haftstrafen ausgefasst.

Rund ein Jahr später brachte die Staatsanwaltschaft Wien die Anklage ein – und darin wird B. nur mehr vorgeworfen, dass er gegen das Suchtmittel- und das Waffengesetz verstoßen habe. Keine Rede von organisierter Kriminalität oder rechten Milizplänen – DER STANDARD berichtete.

Geständnis mit halbstündiger Verspätung

Nun ist der geständige B. also vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Harald Craigher und will nicht viel sagen. Was zeitökonomisch günstig ist, da sich der Beginn der Verhandlung um eine halbe Stunde verzögert: Die Gerichtskanzlei hat offenbar einen Fehler bei der Schöffenladung gemacht, bis der nötige zweite Laienrichter erscheint, dauert es seine Zeit.

Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella wirft dem Angeklagten vor, im Herbst 2020 in großem Stil Speed verkauft zu haben beziehungsweise es versucht zu haben – an eine "registrierte Vertrauensperson" vulgo Polizeispitzel. Zwei Übergaben fanden statt, 1,2 Kilogramm des aus Deutschland importierten Amphetamins wechselten den Besitzer. Beim dritten Treffen wären es über elf Kilogramm gewesen, damals wurde B. aber festgenommen.

Auch für Waffen bezahlte die Vertrauensperson: Eine Maschinenpistole des Typs Uzi und ein AK-47-Sturmgewehr – jeweils plus Munition – hatte B. im Angebot, er verlangte 2.400 beziehungsweise 2.500 Euro dafür. Als der Angeklagte im Dezember 2020 festgenommen wurde, wäre ein noch größeres Geschäft geplant gewesen: Über 100.000 Euro hätten B. und die Vertrauensperson als Mittelsmann mit der Transaktion lukrieren wollen.

Motivierende Mithäftlinge und Vertrauensperson

Verteidiger Rudolf Mayer, der für B. bereits vor fast 30 Jahren einen Freispruch erkämpft hatte, als der damals als Briefbombenverdächtiger vor Gericht saß, verweist darauf, dass sein Mandant von Beginn an geständig gewesen sei und auch Mittäter genannt habe. Außerdem sei er durch Mithäftlinge und die Vertrauensperson bestärkt worden: Die Vertrauensperson habe nämlich gefragt, ob B. nicht auch Waffen besorgen könne.

Das sei keine Entschuldigung, aber der Schaden durch Suchtmittel und Waffen sei nur abstrakt, da sie ja nie real in Umlauf gekommen seien, argumentiert Mayer. Außerdem ortet er eine positive Zukunftsprognose: Die "Einkehr und Umkehr B.s" sehe man am besten in der Tatsache, dass in der rechten Szene gemeinhin bis zum Schluss gemauert werde, der Angeklagte aber freiwillig kooperiert habe.

"Waffenliebe" des Angeklagten

"Mit zunehmendem Alter nimmt alles ab, auch die kriminelle Energie", geht der Verteidiger davon aus, dass B. "nach der Entlassung aus dieser Haft nichts mehr anstellen werde". Das Problem sei die "Waffenliebe" seines Mandanten, er habe ihn aber überzeugen können, dass aus Waffen "nur Tod und Verderben" entstehe, ist Mayer überzeugt. Dem widerspricht ein wenig, dass der Angeklagte die erhobenen Vorwürfe in einem Punkt korrigiert: Bei einer Waffe habe es sich nicht um eine Beretta, sondern ein anderes Fabrikat gehandelt, kann er sich nicht verkneifen. "Aber das ist nicht so wichtig", schränkt er sofort ein.

In seinem Schlusswort gibt B. sich aus familiären Gründen geläutert: "Ich bin mittlerweile zweifacher Großvater und will nach der Entlassung Zeit mit meinen Enkelkindern verbringen", erklärt er dem Senat. Der B. nach kurzer Beratung zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt, was der Angeklagte ohne Zögern akzeptiert. Die Staatsanwältin gibt keine Erklärung ab, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 7.3.2022)