Die im Aktionsplan enthaltenen Vorschläge sehen vor, dass die eigentlich illegale Nutzung von Software ohne entsprechende Lizenz in vielen Fällen straffrei möglich ist.

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Ungeachtet massiver Sanktionen will der russische Autokrat Wladimir Putin seinen Krieg gegen die Ukraine zu Ende führen. Sprich: die Hauptstadt Kiew einnehmen und die politische Führung austauschen, während Russland selbst laut dem Historiker Kamil Galejew in den Faschismus abdriftet. Der blutige Feldzug, der im offiziellen Sprech des Kreml eine "militärische Spezialoperation" ist, hat abseits politischer Beschlüsse auch viele internationale Unternehmen bewogen, dem Land den Rücken zu kehren.

Dazu gehören auch viele Softwarehersteller. Neben Games-Riesen wie Activision-Blizzard und Electronic Arts sind darunter auch Unternehmen, die eine wichtige Rolle in der IT-Infrastruktur der russischen Wirtschaft einnehmen – etwa Microsoft. Die russische Regierung scheint sich nun mit einer zweifelhaften Maßnahme behelfen zu wollen, nämlich der De-facto-Legalisierung von Softwarepiraterie.

Das berichtet Torrentfreak auf Basis eines Dokuments (PDF) des russischen Wirtschaftsministeriums. Die Sammlung an Vorschlägen trägt den Titel "Priorisierter Aktionsplan, um die Entwicklung der russischen Wirtschaft unter den Bedingungen des Drucks externer Sanktionen zu sichern". Darin enthalten sind auch Maßnahmen, die sich gegen Firmen richten, die gegen die Interessen des Kreml handeln.

Haftbarkeit für Lizenzverstöße soll aufgehoben werden

Punkt 6.7.3 ist dabei von besonderem Interesse. Hier geht es um ausländische Unternehmen, die Lizenzen für ihre Programme zurückziehen oder sich weigern, neue zu verkaufen. Dort heißt es: "Abschaffung der Haftung für die Verwendung unlizenzierter Software in der Russischen Föderation, die einem Rechteinhaber aus einem Land gehört, das die Sanktionen unterstützt hat."

Der Haftungsausschluss betrifft sowohl zivil- als auch strafrechtlich relevante Vergehen gemäß der russischen Gesetzgebung. Wird dieser Vorschlag umgesetzt, so bedeutet dies, dass eine Reihe von Programmen in Russland künftig aus zweifelhaften Quellen heruntergeladen bzw. in gecrackter Form (also mit Außerkraftsetzung oder Umgehung etwaiger Kopierschutzmechanismen) verwendet werden können, ohne dass die Behörden das selbstständig bzw. auf Betreiben des Herstellers verfolgen würden.

Parallelimporte

Gelten soll dies, solange die Sanktionen aufrecht sind. Die einzige, allerdings recht schwammige Einschränkung ist, dass sich die Regelung auf Programme beziehen soll, für die es "keine russische Alternative" gibt. Torrentfreak verweist zudem auf russische Medienberichte über den Vorschlag eines Duma-Abgeordneten, der in Anbetracht des Rückzugs von Filmfirmen und Streamingdiensten angeregt hat, die offizielle Blockade des Torrentportals Rutracker aufzuheben.

Vorgeschlagen wird weiterhin ein verpflichtendes Lizenzierungsmodell für Anwendungen und Datenbanken, das dem Staat Rechte an "Erfindungen, Gebrauchsmustern und industriellen Designs" in Bezug auf "Software, Datenbanken und Chipdesigns" (im Original: Topologien integrierter Schaltkreise) einräumt. Gearbeitet wird weiters an Parallelimporten, inklusive der Möglichkeit zum straffreien Import von Gütern aus anderen Ländern ohne Zustimmung des Herstellers. (gpi, 7.3.2022)