Auch Apple hat den Verkauf von Geräten und Services in Russland gestoppt.

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Apple, Microsoft, Intel, Netflix: Die Liste der Technologiekonzerne, die Russland bereits den Rücken gekehrt oder sämtliche Verkaufsaktivitäten gestoppt haben, ist lang. Mit Amazon ist am Wochenende ein weiterer großer Name hinzugekommen. Aufgrund der Invasion Russlands in die Ukraine lehnt der Clouddienst Amazon Web Services (AWS) mittlerweile neue Kunden aus Russland und Weißrussland ab. Auch das Netflix-Pendant Amazon Prime wird für russische Kundinnen und Kunden abgedreht.

Neben diesen Marken, die wohl auch in Russland die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung kennt, haben aber auch andere Unternehmen ihren Rückzug angekündigt, die zwar nicht so stark in der Öffentlichkeit stehen, aber für die digitale Infrastruktur des Landes eine Rolle spielen.

Schlag gegen Netzinfrastruktur

Neben den Business-Softwarefirmen Oracle und SAP haben auch die Internetbetreiber Lumen und Cogent angekündigt, sich mit ihren Netzwerkkapazitäten aus Russland zurückzuziehen. Während Cogent unmissverständlich die russische Invasion als Hauptgrund für die Entscheidung nannte, verweist Lumen auf Sicherheitsrisiken, die durch die derzeitige Situation die eigenen und Kundennetzwerke gefährde und darüber hinaus die Integrität des globalen Internets.

Die unmittelbaren Folgen durch den Rückzug dürften aufgrund der verhältnismäßig kleinen Kundenbasis in Russland überschaubar sein. Folgen weitere internationale Konzerne dem Beispiel der Netzwerkbetreiber, könnte das die Internetinfrastruktur in Russland aber schwächen. Langsamere Netze und Internetausfälle wären die logische Folge.

Auch die Open-Source-Community in Russland verliert Zugang zu großen Anbietern. Die US-Firma Red Hat und das deutsche Unternehmen Suse haben bekanntgegeben, alle Verkaufsaktivitäten in Russland einzustellen. Während Suse sich weitere Schritte analog zu international verhängten Sanktionen offenhält, stellte Red Hat sämtliche Dienste in Russland und Weißrussland ein. Beide Unternehmen verfügen über Mitarbeitende in den beiden Ländern.

Amazons Cloud-Tochter AWS nimmt ebenfalls keine neuen Kunden mehr. Netflix-Konkurrent Amazon Prime wurde zudem abgedreht.
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USA drohen Chipherstellern

Während der US-Chiphersteller Intel schon seit mehreren Tagen keine Chips mehr ausliefert, zieren sich chinesische Technologielieferanten noch. China hat sich hinsichtlich der Verurteilung des russischen Aggressionskriegs bisher zurückgehalten. Wenig überraschend spiegelt sich das auch in den überwiegend noch intakten Handelsbeziehungen wider. Das wiederum wollen die USA nicht akzeptieren und üben Druck auf chinesische Chiphersteller aus.

US-Handelsministerin Gina Raimondo drohte am Dienstag erstmals, dass Produzenten wie SMIC vom US-Markt ausgeschlossen werden, sollten sie weiterhin Russland mit Chips beliefern. Neben des Verkaufs in den USA könnte die Großmacht Software- und Hardwarezulieferern verbieten, chinesische Chiphersteller mit essenziellen Komponenten zu versorgen, die zur Herstellung notwendig sind. Dass die USA das können, haben sie bei den Sanktionen von Huawei bereits bewiesen.

Wer in Russland bleiben will

Nicht alle Technologiefirmen halten den eingeschlagenen Weg für den richtigen. Die Sicherheits- und Netzwerkanbieter Cloudflare und Akamai wollen ihre Dienste in Russland aufrechterhalten und damit unter anderem garantieren, dass die russische Bevölkerung und regierungskritische Organisatoren Zugang zu sicherem, verschlüsseltem Internet haben. Cloudflare-CEO Matthew Prince erklärte die Beweggründe in einem Blogposting.

Die russische Regierung habe auch schon in der Vergangenheit versucht, Cloudflare zum Aufgeben zu zwingen, und würde eine derartige Entscheidung "feiern". Russland brauche zum jetzigen Zeitpunkt aber "mehr Internet, nicht weniger". Das würden auch die enorm gestiegenen Zugriffszahlen auf ausländische Nachrichtenseiten durch die russische Bevölkerung zeigen, ist Prince überzeugt. (Martin Stepanek, 9.3.2022)