Karin Kneissl nach ihrer Befragung vor dem Ibiza-U-Ausschuss

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Mandl ist EU-Abgeordneter und im EU-Parlament stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses.

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Karin Kneissl ist ein österreichisches Aushängeschild in Europa – allerdings nur, was die ausländische Einflussnahme auf demokratische Prozesse betrifft. Als eine von neun ehemaligen Amtsträgern wird sie namentlich im Bericht des Sonderausschusses genannt, den das EU-Parlament zum Thema Einflussnahme und Desinformation eingesetzt hat. Mitglied im Sonderausschuss ist der ÖVP-Politiker Lukas Mandl. Er ist "selbstverständlich froh", dass Kneissl nicht mehr Außenministerin ist. Diese habe "eine hervorragende Gelegenheit verpasst zu schweigen", sagt Mandl im STANDARD-Gespräch mit Blick auf Kneissls Aussage, dass sie "politisch verfolgt" werde. Die Inszenierung der einst von der FPÖ in die türkis-blaue Regierung geholten Außenministerin sei "zynisch und menschenverachtend", urteilt Mandl.

"Heilfroh" ist Mandl auch darüber, dass die Altkanzler Christian Kern (SPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) ihre Aufsichtsratsmandate bei russischen Unternehmen niedergelegt haben. Schüssel hatte sich dafür ja viel Zeit gelassen und einiges an Kritik kassiert. Für Mandl ist klar, dass eine Entscheidungsfindung dauere, es sei aber "höchst an der Zeit" gewesen.

Vereinnahmung von Eliten

Im Bericht des Sonderausschusses wird strikt gewarnt, dass vor allem Russland eine Strategie der "Vereinnahmung von Eliten" fahre. Politikerinnen und Politiker würden in "staatlich kontrollierten nationalen oder privaten Unternehmen im Austausch für ihr Wissen und auf Kosten der Interessen der Bürger der EU und ihrer Mitgliedsstaaten eingestellt", heißt es darin.

Der Sonderausschuss wird eine Fortsetzung erhalten, das ist laut Mandl auch sehr wichtig, da vor allem aus Russland heftige Angriffe auf Europa geführt werden. Durch den Ukraine-Krieg verschärfe sich die Lage drastisch. Zwar habe die EU in der Reaktion auf die russische Invasion eine "historische Einigkeit" gezeigt, Mandl will aber "erste Fliehkräfte" sehen – zum Beispiel bei der ungarischen Regierungsspitze, die sich durchaus prorussisch äußert.

Was passiert, wenn Österreich angegriffen wird?

Wie es da um die österreichische Neutralität steht: Für Mandl ist sie ein "wichtiges sicherheitspolitisches Werkzeug", das nicht aufgegeben werden sollte. Gleichzeitig begrüßt er die engere militärische Verschränkung in Europa, Stichwort "EU-Armee". "Dabei geht es nicht um Uniformen und Dienstränge, die vereinheitlicht werden, sondern um die sinnvolle Vernetzung und das Teilen von Wissen", erklärt Mandl. Und würden im Extremfall andere EU-Mitglieder Österreich bei einem Angriff beistehen? "Es gibt auch in der EU eine Beistandsverpflichtung, die jedoch nicht so zwingend wie jene bei der Nato ist", sagt Mandl. Man müsse jedenfalls "alles dafür tun, dass dieser Fall nie eintritt".

Sorgen bereitet dem EU-Abgeordneten der Westbalkan. Das Verhalten etwa Serbiens in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg sei "sehr irritierend". Die EU habe "schwere Fehler gemacht", weil sie den sechs Ländern auf dem Westbalkan zu lange keine Beitrittsperspektive geboten habe, kritisiert Mandl.

Irritation gab es in der EU auch rund um die Taxonomie für Energiequellen, da ja von der EU-Kommission zum Beispiel Atomenergie als "grüne Energie" definiert wurde. Ist es angesichts der Abhängigkeit von russischem Gas nicht an der Zeit, die österreichische Haltung zu Nuklearenergie zu überdenken? Da will Mandl "nicht kopflos" agieren. Gerade die Invasion in der Ukraine zeige ja, welche Gefahr von Atomkraftwerken ausgehen könne, etwa bei kriegerischen Auseinandersetzungen. (Fabian Schmid, 10.3.2022)