Speziell seit dem gloriosen türkisen Interregnum hat sich der Verdacht erhärtet, dass die Parteien die Ministerien überwiegend als Destinationen für verdiente Habererinnen und Haberer verwenden.

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Minister sein, das ist schon etwas Eigenes. In einer Wirtschafts- und Sozialordnung wie der unseren kann man sich üblicherweise darauf verlassen, dass Leute, die einen Beruf ausüben, von diesem auch etwas verstehen. Bäcker backen, Fleischhauer hauen Fleisch, Floristinnen kennen den Unterschied zwischen Rosen und Nelken, Statistiker beherrschen die Grundrechnungsarten und Friseurinnen schneiden einem die Haare mit einer Schere und nicht mit einer Sichel.

Wie anders, wenn es um die Besetzung von Ministerien geht. Speziell seit dem gloriosen türkisen Interregnum hat sich der Verdacht erhärtet, dass die Parteien die Ministerien überwiegend als Destinationen für verdiente Habererinnen und Haberer verwenden und allfällige Fachkenntnisse im jeweiligen Ressort geradezu als Hinderungsgrund gelten. ("Was, du bist gelernter Ökonom? Da können wir dir unmöglich das Finanzministerium geben.")

Mehr privat, weniger Staat

Hauptsache, man ist nicht aufs Goscherl gefallen, kommt im Tee Vau halbwegs apart herüber und bringt einen deutschen Satz unfallfrei heraus (wobei allerdings auch nicht wenige an diesen Erfordernissen scheitern). Fachliche Expertise? Na, wirklich ned. Ich rätsle ja bis heute herum, ob Sebastian Kurz je gewusst hat, was man unter der "Bundesverfassung" versteht, und ob die maßgebliche gesetzgebende Körperschaft im Parlament oder in der Lichtenfelsgasse zu Hause ist. Aber erst wenn man sich Namen wie Reichhold, Sickl oder Gorbach ins Gedächtnis ruft, gewinnt man den vollen Überblick über die Inkompetenzparade, die seit Jahrzehnten an den Bürgern vorbeidefiliert.

Da es nun einmal so ist, wie es ist, täte man vielleicht gut daran, die Sachlage radikaler anzudenken, klar Schiff zu machen und den ganzen staatlichen Verwaltungsklimbim gleich samt und sonders über Bord zu werfen. Mehr privat, weniger Staat!

Das Verteidigungsressort wandeln wir um in eine Vermittlungsagentur für Securitydienste (Leibwächter für Oligarchen, Türsteher etc.), Frau Tanner kriegt das fix auf die Reihe. Das Verkehrsministerium geht an René Benko, damit er ein paar fesche Straßen bauen kann, und aus dem Finanzministerium basteln wir eine PR-Agentur unter der Leitung von Sophie Karmasin, wenn sie denn nicht mehr indisponiert ist. So schwer kann das doch alles nicht sein. (Christoph Winder, 13.3.2022)