Vergangenes Jahr startete das Schweizerhaus Corona-bedingt verspätet, dafür mit der Regierungsspitze in die Saison. Heuer soll der Dompfarrer kommen.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Das Kettenkarussell im Prater zieht große Kreise in schwindelerregenden Höhen. Obwohl zur Mittagszeit nicht einmal jede zweite Doppelbank belegt ist, geht es unermüdlich die 117 Meter des Praterturms hinauf – und wieder hinunter. Geöffnet ist der Vergnügungspark zwar das ganze Jahr, doch die Hauptsaison des Wurstelpraters wird erst am Dienstag ganz offiziell eingeläutet.

Im Vorfeld ist es vergleichsweise ruhig auf dem Gelände des rund 260.000 Quadratmeter großen Freizeitparks. Touristinnen und Touristen flanieren zwischen ruhenden Geisterbahnen, Süßigkeitenstandeln und Kart-Rennbahnen durch die Gassen und machen Fotos von den bunten Fahrgeschäften. Eine kleine Gruppe von Halbstarken misst ihre Kräfte am Boxautomaten, Zuckerwatte wird angerührt, Lebkuchenherzen baumeln über mit Schokolade glasierten Früchtchen. Ansonsten wird an allen Ecken und Enden fleißig geschrubbt und desinfiziert, die letzten der 250 Attraktionen werden auf Vordermann gebracht.

Frühlingserwachen im Schweizerhaus

Mit dem zuletzt von der österreichischen Politik vielzitierten Frühlingserwachen bereitet sich auch eine lokale Wiener Institution auf ihre Eröffnung vor. Gegenüber vom einst höchsten Kettenkarussell in Europa parkt ein weißer Lastwagen an der Ecke zum Karl-Kolarik-Weg. Zwei Männer laden daraus mit Kletterpflanzen bewachsene Trennwände und bringen sie durch die dunkelgrünen Pforten des Schweizerhauses.

Dort steht alles bereit. Ab Dienstag sollen hier wie jeden Sommer tausende Krügerln Bier über die Budel gehen und beinahe ebenso viele Stelzen aus der Küche und auf den Tisch kommen. Das Schweizerhaus-Team – zu dem rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen – sei "bestens vorbereitet", um den Gästen "unbeschwerte Stunden zu bescheren", wird Hausherr Karl Jan Kolarik dazu in einer Aussendung zitiert.

Besuch vor der großen Eröffnung will die Familie Kolarik allerdings nicht. Zu stressig sind die lezten Tage vor dem Saisonstart. Ihr Betrieb ist aber sowieso bereits bekannt genug: Die Kundschaft kommt von selbst. Das merkt man auch, wenn man online einen Tisch für Tag eins reservieren will – vergeblich. Dabei gibt es in dem Riesenunternehmen fast 750 Sitzplätze im Gasthaus sowie 1400 im Garten zu ergattern.

Und auch die Politik gönnt sich unter den Kastanienbäumen gern eine Auszeit – so im Mai des vergangenen Jahres beispielsweise. Da lud die Bundesregierung eigentlich zum Wohlfühltermin anlässlich der großen Öffnungsschritte nach den wochenlangen Gastronomieschließungen in Österreichs wohl bekanntesten Gastgarten. Der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gingen mittagessen mit weiteren Regierungsmitgliedern und nahmen ein paar Medienleute mit. Gestört wurde die Glückseligkeit damals nur von Demonstrantinnen, die gegen die Corona-Maßnahmen protestierten.

Keine Maske, kein Test

Heuer erinnert wenig an die einst so strengen Covid-Regeln. Die Masken sind seit Anfang März gefallen, die 3G-Regel ist weitgehend abgeschafft – auch in Wien: Im Wurstelprater darf man sich mittlerweile wieder oben ohne (Maske) bewegen, jeder darf in die Hochschaubahn – auch ohne Impfung, ohne Genesung und ohne Test. Nur in der Gastro gibt es eine Ausnahme: Diese dürfen nur genesene und geimpfte Gäste aufsuchen.

Ein letztes Überbleibsel der Corona-Pandemie findet man, vom Praterstern kommend, gleich am Eingang des Vergnügungsparks. In der Schlange vor einem blauen Container mit Blick auf das Riesenrad, das einst sogar als Impfstraße im Gespräch war, warten Testwillige auf ihren Corona-Abstrich während sie mit Mozart beschallt werden. (Oona Kroisleitner, 15.3.2022)