Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht den Klima- und Energiefonds als wichtiges Instrument.

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Wien – An dem von der Regierung geplanten weiteren Energiekostenentlastungspaket wird nach Angaben von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit Hochdruck gearbeitet. Es gehe um ein wirksames, zielgerichtetes Paket, das präsentiert werde, sobald es fertig sei. Der Gasmarkt sei an die Grenze der Rationalität gestoßen. Daher wolle man die Gasbevorratung auf neue Beine stellen, "damit wir geschützt in den nächsten Winter gehen", sagte Gewessler am Dienstag.

Der Bundesregierung sei das Problem der Teuerung sehr bewusst, daher habe es schon ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegeben, erinnerte die Ministerin in einem Pressegespräch zum Jahresprogramm 2022 des Klima- und Energiefonds (KliEn). Das Maßnahmenpaket hatte ein Volumen von insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Laut Gewessler bringt es Haushalten heuer bis zu 800 Euro Entlastung.

Starke Preissprünge

An den Energiemärkten würden sofort alle Unsicherheiten weitergegeben, daher gebe es oft an einem Tag starke Preissprünge nach oben oder unten. "Die Gaspreise sind durch die Krise getrieben, das sehen wir." Und man sehe gerade, wohin die Abhängigkeit von Russland auf ganz vielen Ebenen führe. Auf eine Frage zu Öl- und Spritpreisen sagte die Ministerin, man sehe sich an, ob Preise weitergegeben werden – bis hin zu möglicherweise ungerechtfertigten Preisen. Tempodrosseln beim Autofahren findet Gewessler grundsätzlich gut, angesprochen auf Tempo-100-Forderungen für Autobahnen: "Ja klar, wenn man weniger schnell fährt, braucht man weniger Benzin."

Es gelte jetzt auf die kriegerische Situation zu reagieren, wobei momentan weiterhin sowohl Erdgas als auch Erdöl aus Russland fließen würden, wie Gewessler betonte. Jedoch müsse man sich auf alle Szenarien einstellen, denn Gazprom sei "kein neutraler Marktakteur".

Kurzfristig, mit Blick auf den nächsten Winter, arbeite man an einer Diversifizierung der Lieferländer und an der Gasbevorratung. Längerfristig gehe es darum, die Energiewende voranzutreiben und den Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu beschleunigen.

Lösung zur Gasbevorratung nötig

Auch bei der Gasbevorratung in Österreich habe man gesehen, dass der Markt an seine Grenze komme. Deshalb sei im vergangenen Jahr so wenig eingespeichert worden und Österreich mit recht niedrigen Füllständen in den Gasspeichern in den Winter gegangen. Für geschützte Kunden, also Haushalte, gebe es jetzt schon eine Vorsorgeverpflichtung, die werde auch erfüllt. Die Frage sei, ob dies ausreiche oder ob nicht eine strategische Reserve zu überlegen sei. Man arbeite im Hinblick auf den nächsten Winter "auf beiden Ebenen", so Gewessler. Zur Gasbevorratung gelte es eine Lösung zu finden mit den Versorgern, die großteils ohnedies in öffentlichem Eigentum stünden.

Eines wichtigsten Instrumente, um die Abhängigkeit von russischem Gas und von fossilen Energieträgern anzugehen, sei der Klima- und Energiefonds, so Gewessler. Dieser startet mit knapp 300 Millionen Euro Budget ins neue Förderjahr 2022, dotiert aus Mitteln des Ministeriums und europäischen Fördertöpfen. "Wir werden jetzt in unsere Energieunabhängigkeit und in unsere Energiesicherheit investieren", so die Ressortchefin: "Das heißt raus aus russischem Gas und rein in erneuerbare Energien. Wir bauen unser Energiesystem um. Wir tun was für eine unabhängige Energieversorgung."

"Müssen schneller werden"

Von den knapp 300 Millionen Euro zur Umsetzung klimawirksamer Projekte fließen gut 140 Millionen in Programme und Initiativen zum Thema Mobilität, je 40 Millionen in die Innovationsprogramme des Fonds und in den Ausbau erneuerbarer Energien. Mit den Mitteln könne man den Weg fortsetzen, "aber mit höherer Dringlichkeit", so KliEn-Geschäftsführerin Theresia Vogel: "Wir müssen schneller werden." Schon in den letzten Jahren sei das Tempo gewachsen. So habe der Klima- und Energiefonds seit Gründung 2007 rund 200.000 Projekte verzeichnet, 60.000 davon seien in den letzten beiden Jahren auf den Weg geschickt worden.

Beispielhaft verwies Vogel auf Projekte zur Nutzung von Geothermie zur Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden – die größten Anlagen stehen in Mürzzuschlag und Friesach, so Co-Geschäftsführer Ingmar Höbarth: "Jede Gemeinde, jede Privatperson, jeder Betrieb kann Teil der Energiewende werden." Große Anstrengungen gebe es etwa in Bezug auf energieintensive Industrieunternehmen, etwa im Zementbereich, so Vogel. Hier gehe es auch darum, den Technologievorsprung, die Wettbewerbsfähigkeit und letztlich die Produktionsstandorte hier zu erhalten.

Industrie warnt vor Folgen der Inflation

Die Armutskonferenz fordert vier Maßnahmen gegen die energiepreisgetriebene Teuerung, nämlich einen einkommensabhängigen Ökobonus, Erhöhungen bei Familienbeihilfe, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie Maßnahmen für leistbares Wohnen und eine Reform der Sozialhilfe.

Auch die heimische Elektro- und Elektronikindustrie warnt vor den Folgen der hohen Inflation. "Unsere Mitgliedsbetriebe sind durch diese Rahmenbedingungen gebeutelt. Sie stehen vor enormen und vielfach durch den Krieg in der Ukraine noch nicht abschätzbaren Herausforderungen", so Wolfgang Hesoun, Obmann des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und den Standort Österreich nicht zu gefährden, müsse man heuer "zusätzliche Kostenbelastungen für die Industrie hintanstellen". Der Senat der Wirtschaft plädiert unter anderem für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie, eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Modernisierung des Finanzplatzes. Weiters notwendig seien der Bürokratieabbau und das Vorantreiben von Infrastrukturprojekten sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. (APA, 15.3.2022)