Aligner sollen schnell und günstig gerade Zähne zaubern.

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Wer jemals eine festsitzende Zahnspange, "Brackets", getragen hat, weiß: Nicht nur die "Schneeketten"-Kommentare unsensibler Mitmenschen tun höllisch weh. Wer sich beklagt, hört allzu oft: Schönheit müsse eben leiden.

Dabei sind kieferorthopädische Behandlungen in der Regel mehr als rein ästhetische Eingriffe. Zahnfehlstellungen können schwerwiegende Folgen haben. Vom Zähneknirschen über Karies bis hin zu Sprachfehlern.

Geradegerückt

Außerdem leiden Menschen psychisch stark unter Zahnfehlstellungen. Bei Kindern sind sie laut Studien einer der größten Mobbingfaktoren, und für Erwachsene sind sie häufig ein soziales Stigma. Eine Behandlung mit Spange kostet tausende Euro und zieht sich über Jahre.

Die Gratiszahnspange gibt es in Österreich zwar seit 2015, aber auch nur für Kinder und Jugendliche. All diese Faktoren führen dazu, dass sogenannte Aligner auf dem Vormarsch sind. Die durchsichtigen Plastikschienen müssen zwar mitunter über Jahre den ganzen Tag über und in der Nacht getragen werden.

Sie können aber für Mahlzeiten und die Mundhygiene herausgenommen werden und sind so gut wie unsichtbar. Und: Immer mehr Unternehmen bieten sie zu deutlich günstigeren Preisen an, als in kieferorthopäischen Praxen und für herkömmliche Zahnregulierungen anfallen würden. Unternehmen wie Dr. Smile oder Plus Dental werben vor allem in sozialen Medien.

Auf Instagram zeigen sie angebliche Kunden als strahlende, geradzähnige Grinsekatzen, denen das Glück über ihre kostengünstige Zahnzauberei ins Gebiss geschrieben steht.

Schräge Optik

Beim Österreichischen Verein für Konsumenteninformation häufen sich allerdings ganz andere Erfahrungsberichte. Die Preise fallen etwa oft deutlich höher aus als versprochen. Dafür wurde Dr. Smile sogar vom VKI geklagt und bereits verurteilt.

Und auch die Behandlung läuft oft nicht wie erhofft: Bereits bei der Anpassung seien häufig keine Ärztinnen anwesend, Assistenten führen die Beratungsgespräche durch. Eine Recherche des Norddeutschen Rundfunks ergab außerdem, dass bei Komplikationen kaum herauszufinden sei, wer die individuellen Behandlungspläne erstellt.

Und eine Facebook-Gruppe mit dem Namen "DrSmile – unzensiert" legt nahe, dass Komplikationen nicht nur bei wenigen unglücklichen Einzelfällen auftreten. Dort berichten mehr als 3.000 Mitglieder über akute Beschwerden nach der Anwendung der Aligner.

Viele klagen über plötzlich auftretende Probleme beim Kauen oder Zahnfleischbeschwerden. Oft wird im Nachhinein eine teure und schmerzhafte kieferorthopädischeBehandlung über Jahre notwendig, die erst recht tausende Euro kostet.

Dass die Aligner aus dem Internet also die günstige und unkomplizierte Alternative zu einer herkömmlichen Behandlung sind, darf bezweifelt werden. Was nicht bedeutet, dass Aligner nicht für viele die richtige Behandlung sein können. Allerdings kann es nicht schaden, dafür einen Arzt zu konsultieren. (Antonia Rauth, RONDO exklusiv, 4.4.2022)