Freut sich über den türkisen Vorstoß: Der grüne Neo-Minister Johannes Rauch.

Foto: Heribert Corn

Eigentlich wollte die türkise Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm einfach nur Blut spenden. Das Rote Kreuz ruft nämlich gerade verstärkt dazu auf, um sich auf die Versorgung verletzter Vetriebener aus der Ukraine vorzubereiten. So weit, so austauschbar. Doch drei ihrer acht Mitarbeiter durften nicht teilnehmen, weil es offenbar Ausschlussgründe dafür gab. Seither nimmt eine jahrelange Debatte wieder an Fahrt auf.

Bis heute werden homo- und bisexuelle Männer beziehungsweise Transpersonen vom Blutspenden ausgenommen – unabhängig von ihrem sexuellen Risikoverhalten. Konkret heißt es im Spendefragebogen des Roten Kreuzes bei Punkt 37: "Hatten Sie in den letzten zwölf Monaten eines der folgenden Risikoverhalten: Sexdienstleistungen ausgeführt gegen Geld oder Drogen, mehr als drei SexualpartnerInnen, als Mann Sex mit einem Mann?"

Hingegen liegt die Schwelle lediglich bei vier Monaten, wenn die Intimpartnerin oder der Intimpartner an einer Geschlechtskrankheit wie HIV erkrankt ist oder man als Frau Sex mit einem Mann hatte, der wiederum zuvor mit einem Mann geschlafen hatte.

Warten auf die Unterschrift

"Jede Blutspende wird ohnehin genauestens untersucht. Da verstehe ich die Diskriminierung von Jungen und Homosexuellen ganz und gar nicht", sagte Plakolm der Gratiszeitung "Heute". Das sieht ihr Parteikollege Nico Marchetti genauso. Laut dem Nationalratsabgeordneten liege der Ball nun beim Gesundheitsministerium von Neo-Minister Johannes Rauch (Grüne), um hier endlich tätig zu werden.

Dort befinde sich nämlich eine Vorlage zur Verordnung aus dem Jahr 2019, die zumindest eine verkürzte Sperrfrist von zwölf Monaten auf vier Monate vorsieht und von diversen Ministern bis heute nicht unterschrieben worden sei, wie das Rote Kreuz erklärt. Dieses wickelt in Österreich federführend Blutspenden ab. Sobald die Verordnung in Kraft trete, will das Rote Kreuz die Verkürzung mittragen. Das sei mit den übrigen heimischen Blutspendediensten auch so akkordiert worden.

Im Gesundheitsministerium hat man dafür wenig Verständnis. Die Blutkommission habe vor etwa zwei Jahren eine Empfehlung ausgegeben, die sogenannte Rückstellfrist auf vier Monate zu verkürzen, wird dort auf Nachfrage erklärt. Das heißt, die Verordnung sei gar nicht notwendig, um die Regelung umzusetzen: "Die Verantwortlichkeit liegt bei den jeweiligen Blutspendeeinrichtungen", betont das Ressort. Das Rote Kreuz könne also grundsätzlich schon von sich aus tätig werden.

Auf grüner Seite schüttelt man seit Dienstag, als Plakolms Geschichte aufkam, aber nicht nur darüber die Köpfe. Beim Juniorpartner ist man auch überrascht, dass nun ausgerechnet die ÖVP in der Sache plötzlich mehr Tempo einfordert. Sei es doch der türkise Koalitionspartner gewesen, der in Sachen Blutspendediskriminierung eher auf der Bremse gestanden sei und deshalb den langwierigen Weg in Form einer Gesundheitsfolgenabschätzung eingefordert habe. Diese wurde bereits bei der Gesundheit Österreich in Auftrag gegeben und soll "demnächst" veröffentlicht werden, heißt es aus dem Ministerium.

Weg so frei wie selten zuvor

Doch bei den Grünen nimmt man die Sache am Ende sportlich. Wenn Staatssekretärin Plakolm nun auf eine Änderung dränge, sei das nur im eigenen Sinne, ist zu hören.

Neo-Minister Rauch freut sich jedenfalls dazupassend, wenn nun eine "rasche Umsetzung gemeinsam möglich ist", und begrüßt die Unterstützung der oberösterreichischen Politikerin ausdrücklich. Wie schon seine grünen Vorgänger spricht sich nun auch der Vorarlberger dafür aus, dass die sexuelle Orientierung beim Blutspenden keine Rolle mehr spielen dürfe, sondern das individuelle Risiko im Vordergrund stehen müsse.

Auch die Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic ist froh, "dass sich diese Sichtweise offenbar auch in der ÖVP durchzusetzen beginnt. Das sollte es auch beim Roten Kreuz". Der Weg dafür scheint tatsächlich so frei zu sein wie selten zuvor. (Jan Michael Marchart, 16.3.2022)