Die Entscheidung der Regierung, alle Beschränkungen so rasch aufzuheben, habe mit den Empfehlungen der Gecko-Kommission nichts zu tun, sagte Schernhammer.

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Knapp 60.000 Corona-Neuinfektionen sind am Mittwoch in Österreich gemeldet worden, ein neuer Rekord. "Vorhersehbar" und "per se nicht sehr überraschend", sagte die Epidemiologin Eva Schernhammer dazu in der "ZiB 2" am Mittwoch. Schernhammer ist Mitglied der Gecko- und der Impfpflicht-Kommission. In der Gecko-Kommission habe man "eindringlichst" dazu geraten, Öffnungsschritte erst dann zu setzen, "wenn ein stabiler Abwärtstrend sichtbar ist". Die politische Entscheidung, alle Beschränkungen aufzuheben, habe damit nichts zu tun.

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Die derzeitigen Entwicklungen würden zeigen, dass "man bei der Pandemie abwarten muss, wie sich die Zahlen entwickeln, bevor man Maßnahmen lockern oder setzen sollte", sagte Schernhammer.

"ZiB 2"-Moderator Armin Wolf fragte, warum es keinen Protest der Expertinnen und Experten gegeben habe. Man habe ein wissenschaftliches Mandat, entgegnet Schernhammer. Die Entscheidung zur radikalen Öffnung sei eine "Gratwanderung", die wahrscheinlich zu "keiner absoluten Überlastung des Gesundheitssystems" führen werde. Trotzdem würden viele Menschen unter den hohen Fallzahlen leiden. Für diese werde es immer schwieriger.

Wiedereinführung der FFP2-Masken-Pflicht?

Ob Schernhammer zufrieden sei, wie die Regierung mit ihrer Expertise umgehe? Aus "medizinisch-wissenschaftlicher Sicht" nicht, aber sie könne nachvollziehen, dass politische Entscheidungen auch von anderen Faktoren abhängen.

Angesichts der derzeitigen Situation plädierte Schernhammer für die Wiedereinführung der FFP2-Masken-Pflicht, des Social-Distancings und für ein verstärktes Homeoffice. Die Entscheidung sei aber bereits gefallen, diese jetzt wieder zu revidieren sei "auch verwirrend". Die Menschen müssten sich jetzt selbst schützen.

Keine Herdenimmunität

Mit der derzeitigen Durchseuchungsstrategie werde man auch keine Herdenimmunität erreichen, prognostizierte Schernhammer. Eine erworbene Infektion führe zu keinem dauerhaften Immunschutz. Auch beim Schutz durch die Impfung sei ein Abfall des Immunschutzes – zumindest nach sechs Monaten – feststellbar.

Das Ende der Gratistests hält die Epidemiologin für "gerechtfertigt". Dennoch sollte es weiterhin eine gewisse Anzahl an kostenlosen Tests geben, solange die Fallzahlen so hoch bleiben. (lalo, 16.3.2022)