Aktivistinnen und Aktivisten haben am Freitagvormittag ein Haus in der Mariannengasse 16–20 in Wien-Alsergrund besetzt. Um 10 Uhr wurden aus einigen Fenstern pinke Transparente mit der Aufschrift "Solidarisch durch die Krisen" ausgerollt. Die Polizei war innerhalb kürzester Zeit vor Ort. Auch Unterstützerinnen und Unterstützer waren eingetroffen.

Kurz nach 13 Uhr begann die Räumung durch die Wega. "Elf Personen haben ohne Gegenwehr das Gebäude verlassen", sagte Polizeisprecherin Barbara Gass. Die elf Aktivisten weigerten sich laut Polizei zunächst, ihre Identitäten preiszugeben. Sie seien daher vorerst polizeilich angehalten worden, bis sie sich ausweisen oder die Frist dafür im Zusammenhang mit ihrer Verwaltungsübertretung abgelaufen ist, sagte Gass. Dann kämen sie wieder auf freien Fuß.

Die Besetzerinnen und Besetzer kritisierten in einer Aussendung die "gewaltsame" Räumung durch die Polizei.

Mit der Aktion wollte die Kampagne "en commun – Solidarisch durch die Krisen" gegen Mieterhöhungen, Teuerungen und Zwangsräumungen protestieren, außerdem sollte auf die Lage im Gesundheits- und Pflegebereich in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufmerksam gemacht werden. In dem Gebäude befand sich im frühen 20. Jahrhundert das Sanatorium Loew, eine private Krankenanstalt. 1938 wurde das Haus laut einer Sprecherin der Aktivistinnen und Aktivisten "arisiert", "seit 2001 sollte es restituiert werden, das ist immer noch nicht passiert". Das Gebäude gehört der ÖBB Projektentwicklung, dort findet man dafür keinen Anhaltspunkt.

Vergabe im Baurecht

Das Ensemble an der Mariannengasse 16–20 steht in einer Schutzzone und besteht aus drei Bauteilen. Zwei davon wurden 1895 erbaut, ein niedriger Anbau wurde in den 1980er-Jahren errichtet. Insgesamt stehen hier mehr als 14.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche zur Verfügung.

Die ÖBB betonte, dass das Haus nicht verkauft oder privatisiert, sondern 2021 im Baurecht vergeben worden sei. Der jährliche Mindestbauzins wurde damals in einem Online-Exposé mit 432.000 Euro angegeben. Das Haus wurde damals im Baurecht an die Wiener Privatkliniken vergeben. Getan haben dürfte sich im Haus seither nichts.

Bis dann eben am Freitag die Aktivistinnen und Aktivisten einzogen, die das Haus öffnen und ein Programm für alle anbieten wollten.

Hausbesetzungen kommen in Wien vergleichsweise selten vor. Im Vorjahr wurde kurzzeitig ein Haus am Rathausplatz besetzt, 2020 die Hetzgasse 8 in Wien-Landstraße. (zof, poll, APA, 18.3.2022)