Das neue iPad Air in blauem Aluminum wirkt edel und schön.

Foto: Martin Stepanek

Als Apple-Gründer Steve Jobs Anfang 2010 das erste iPad vorstellte, wurde es von vielen als "überdimensioniertes iPhone" belächelt. Heute, zwölf Jahre und über 600 Millionen verkaufte Geräte später, hat Apple das Tabletsegment fest im Griff. Vom Einstiegs-iPad (ab 379 Euro) über das leistungsstarke kleine iPad Mini (ab 549 Euro) bis zum aktuellen iPad Pro (ab 879 Euro) gibt es Modelle in jeder Ausstattungs- und Preiskategorie. Als Brücke zwischen Einsteiger- und Pro-Modell dient das iPad Air (ab 679 Euro), das nun ein Update bekommen hat. Der STANDARD hat das Gerät getestet.

Umstrittene Produktkategorie

Bis heute scheiden sich an der Produktkategorie Tablet die Geister. Die diversen Hersteller in der Android-Welt haben sich mit dem Konzept nie so wirklich anfreunden können. Microsoft feierte mit der Surface-Reihe zwar Achtungserfolge – Apple-ähnliche Verkaufszahlen wurden damit aber nicht erzielt. Und auch im Apple-Universum können nicht alle etwas mit dem iPad anfangen. Viele präferieren fürs Chatten, Streaming und Gaming ihr iPhone oder schwören auf Macbook oder iMac, um darüber hinaus auch produktiv arbeiten zu können.

Wer lange Texte auf dem iPad schreiben will, kann in eine Hülle mit Tastatur investieren. Apples Magic Keyboard ist mit 399 Euro allerdings sehr teuer.
Foto: Martin Stepanek

Ich gehöre zu der Kategorie Menschen, die ihr iPad in ihrer Freizeit als Hauptgerät verwenden. Ich nutze es zum Youtube-, TVthek- und Netflix-Schauen, zum Surfen, für Social Media, zum Musikhören, zum Spielen und um E-Mails und andere Nachrichten zu schreiben. Aber auch im Homeoffice dient es neben meinem iMac als ständiger Zweitbildschirm, um nervige Kommunikationskanäle auszulagern, Mitschriften mit digitalem Leuchtstift zu bearbeiten oder Fotos und einfache Videos zu editieren.

iPad Air bleibt Design von 2018 treu

Das neue iPad Air (5. Generation) greift wie die Vorgängerversion das bewährte Design des ersten 11-Zoll-iPad-Pro aus dem Jahr 2018 auf. Neben Weiß, Dunkelgrau und Rosé gibt es das Aluminiumgehäuse auch in Violett und Blau. Einmal mehr beweist Apple mit der hochwertigen Verarbeitung, dass bunt nicht billig wirken muss – im Gegenteil. Das getestete blaue Modell wirkt edel, auch die im Rahmen verbauten Antennen sowie die Knöpfe sind farblich perfekt abgestimmt.

Das Tablet liegt mit seinen 461 Gramm gut in der Hand. Die Maße mit 24,8 mal 17,9 Zentimeter empfinde ich im Querformat als perfekt. Um das iPad optimal nutzen zu können, kommt man um eine der zahllosen Hüllen allerdings nicht herum. Wer sich zum ersten Mal ein iPad zulegt, sollte dafür Zeit und ein wenig Geld reservieren.

Das iPad Air ist verhältnismäßig leicht und handlich.
Foto: Martin Stepanek

Da die Geräte auch Jahre später einen guten Wiederverkaufswert besitzen, empfiehlt sich eine Hülle, die auch die Rückseite schützt. Gute Erfahrungen habe ich mit Hüllen gemacht, die eine Platzierung des Tablets in verschiedenen Neigungswinkeln sowohl im Quer- als auch Hochformat ermöglichen.

M1-Chip, bessere Frontkamera und 5G

Was sich im Vergleich zum Vorgängermodell des iPad Air geändert hat, ist schnell aufgezählt. Zur Überraschung vieler hat Apple statt des im iPhone 13 verwendeten Chips A15 seinen M1-Chip verbaut, der bisher den Macs und dem iPad Pro vorbehalten war. Verbessert wurde auch die Frontkamera, die statt mit 7 Megapixel nun mit 12 Megapixel und einem Ultra-Weitwinkel auskommt. Neu ist auch, dass die Variante mit integrierten Mobilfunkantennen nun 5G kann. Auch das war bisher dem iPad Pro vorbehalten.

In der Praxis läuft das iPad Air wie ein Uhrwerk. Apps öffnen sich flüssig und schnell, dasselbe gilt für das Hin-und-her-Wechseln zwischen Inhalten. Auch bei 3D-lastigen Games wie dem Flugspiel "Lifeslide", bei dem man mit einem Papierflieger durch schöne virtuelle Welten gleitet, kommt es zu keinem einzigen Ruckler. Auch ein kompletter Geräteneustart dauert mit 15 Sekunden spürbar kürzer als bei älteren Modellen. Auch ein 50-sekündiges 4K-Video wird praktisch ohne Verzögerung exportiert.

Die Verarbeitung des iPad Air ist ausgezeichnet.
Foto: Martin Stepanek

Das optimale Zusammenspiel zwischen Software und Hardware, das sich auch beim neuen iPad Air zeigt, ist seit Beginn der Produktkategorie Apples Segen und Fluch zugleich. Denn selbst ältere iPads geben auch Jahre nach ihrem Kauf kaum einen Anreiz, auf ein neueres Modell umzusteigen – eben weil sie so gut funktionieren. Das zeigt auch der direkte Vergleich mit meinem privat genutzten 11-Zoll-iPad-Pro aus dem Jahr 2018.

Vergleich mit vier Jahre altem iPad Pro

Obwohl das Gerät bereits fast vier Jahre alt ist und mit dem A12X einen ebenso alten Chip verbaut hat, machen sich im Alltag durch den neuen M1 keine wirklichen Verbesserungen bemerkbar. Ja, beim Geräteneustart braucht das alte iPad Pro sechs Sekunden länger. Bei einigen wenigen Neustarts im Jahr ist das aber ein absolut vernachlässigbarer Faktor. Beim Öffnen von Apps sind beide Geräte gleich schnell, auch beim Exportieren des 4K-Test-Videos. Selbst bei komplexen 3D-Games fiel mir kaum ein nennenswerter Unterschied auf.

Gespart hat man allerdings ausgerechnet bei einer Funktion, die man tagtäglich mehrfach in Verwendung hat. Wie schon beim Vorgängermodell fehlt FaceID. Das Entsperren des iPad, aber auch Passwörter anzuzeigen funktioniert nicht über Gesichtserkennung, sondern über einen im Powerbutton untergebrachten Fingerprint-Sensor. Das ist zwar einigermaßen elegant gelöst und funktioniert relativ gut. Ein adäquater Ersatz für FaceID ist das Ganze aber leider nicht.

Kein FaceID und wenig Speicher

Dass Apple beim iPad Air Funktionen weglässt, um den niedrigeren Preis gegenüber dem Pro-Gerät zu argumentieren, mag verkaufstechnisch geschickt sein. Dass das mit 679 Euro ebenfalls nicht günstige Gerät aber deswegen künstlich auf eine Technologie verzichten muss, die bereits 2017 beim iPhone X eingeführt wurde, ist kaum nachvollziehbar. Denn was nützt der M1-Chip, wenn man sich mehrmals am Tag über die im Vergleich zu FaceID umständliche Bedienung ärgern muss.

Der Fingerprint-Sensor ist im Power-Button integriert.
Foto: Martin Stepanek

Ein zweiter Aspekt, der den vermeintlich günstigeren Preis auch gegenüber dem aktuellen iPad Pro relativiert, ist der geringe Speicher, den Apple für das Standardmodell vorsieht. Angesichts der beeindruckenden Leistungskapazitäten des iPad Air sind die 64 Gigabyte Speicher eigentlich unter der Schmerzgrenze eines modernen Tablets. Natürlich kann man viel in die Apple-Cloud auslagern, aber gerade wenn es um die angepriesene Foto- und Videobearbeitung, um Gaming, um Musik in ausgezeichneter Qualität oder Streamingdateien für die Offline-Nutzung geht, kommt man mit 64 Gigabyte nicht weit.

Rüstet man bei der Modellauswahl auf 256 Gigabyte auf, ist man beim Preis mit 849 Euro bereits gefährlich nahe an der Pro-Variante (989 Euro), die es darüber hinaus auch als relativ vernünftige 128-Gigabyte-Version um 879 Euro gibt. Dafür bekommt man deutlich bessere Rückkameras, FaceID, ein besseres und helleres Display, eine schnellere USB-C-Schnittstelle für Thunderbolt 4/USB 4 und doppelt so viele verbaute Lautsprecher, nämlich vier statt zwei.

Fazit: Besser ein iPad Pro

So attraktiv das neue iPad Air auf den ersten Blick also scheint, beschleicht einen im direkten Vergleich mit dem aktuellen iPad Pro (3. Generation), aber auch anderen älteren Pro-Geräten das Gefühl, dass Apple hier am falschen Ende gespart hat. Wer ein iPad ohne technische Abstriche haben will und mehr Speicherplatz möchte, sollte das aktuelle iPad Pro ins Visier nehmen, das in puncto Preis/Leistung die attraktivere Variante ist, zumal es im freien Markt schon ab 800 Euro erhältlich ist.

Wer ein bisschen Geld sparen möchte, könnte auch versuchen, ein älteres iPad Pro ab der 2018-Version zu ergattern – auch ein Blick auf seriöse Gebrauchtplattformen lohnt sich dabei. Die älteren Chips können mit dem M1 im Alltag gut mithalten. Wen 64 Gigabyte Speicherplatz und Fingerprint-Sensor statt Gesichtserkennung nicht abschrecken, macht aber auch beim Kauf des neuen iPad Air keinen Fehler. Leistungsstark und schick ist es allemal. (Martin Stepanek, 20.3.2022)