75 Jahre alt und sehr wahrscheinlich keine Zeit zu feiern: André Heller.

Foto: APA/Britta Pedersen

André Heller wird heute, Dienstag, 75 Jahre alt. Der späte, manchmal einer durchaus kitschigen und folkloristischen Fantasie verpflichtete urwienerische Renaissancekünstler hat in seinem Leben so gut wie alle Kunstsparten kurz gestreift. Bei aller sich souverän hinter Bescheidenheit versteckenden Eitelkeit dürfte die Lust, sich als alter Gschichtldrucker ausgiebig feiern zu lassen, aus einem Grund eher gering sein: André Heller hat schlichtweg keine Zeit dafür.

Der 75er mag zwar ein würdiger Jubeltag sein. Allerdings bringt er den betroffenen Geburtstagskindern auch abseits von Kaffeekränzchen, Blasmusik und einer Rede des Bürgermeisters eines nahe: Die eigene Endlichkeit beginnt schön langsam mit dem Zaunpfahl zu winken.

hager gerhard

Betrachtet man über die Jahrzehnte André Hellers nimmermüdes Wirken, dann ist Zeit mehr denn je ein entscheidender ökonomischer Faktor in diesem Spiel ohne Grenzen. 2018 übernahm Heller das marode Urania Puppentheater mit seinen ewigen Helden Kasperl und Pezi. Immerhin dokumentierte er als Miterfinder des Dialektpop schon vor gut 50 Jahren früh sein Interesse für die alten Formen der Schaustellerkunst. Der Wurstelprater war ihm am Anfang seiner Karriere genauso nahe wie das französische Chanson.

Später folgten der Circus Roncalli und Shows wie Begnadete Körper. Er wurde Gärtner am Gardasee, zuletzt in Marokko. Heller schrieb sehr erfolgreich Romane. Er saß für eine Biografie namens Feuerkopf Modell. Zwischendurch entdeckte er die Musik wieder, etwa 2019 auf dem Album Spätes Leuchten. Heuer wurde im ORF ein Hauskonzert ausgestrahlt, bei dem er mit jüngeren Verehrern wie Voodoo Jürgens sang. Da wirkte er als Elder Statesman des Austropop mitunter ein wenig gar gütig. Wohin mag das alles noch führen? Alles Gute! (Christian Schachinger, 22.3.2022)