Gams Miriam aus Karlsruhe wurde am Dienstag auf dem Kapuzinerberg ausgewildert. Hier in einem provisorischen Gehege, von dem aus sie in die neue Freiheit sprang.
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Normalerweise würde man Gämsen in freier Wildbahn nur im Hochgebirge erwarten. Mit seinen 640 Metern Höhe mag der Kapuzinerberg, einer der zwei Salzburger Stadtberge, nicht gerade als hochalpin gelten – und doch lebt hier ganzjährig eine kleine Herde Gämsen. Von der 200 Meter tiefer liegenden Stadt erscheint der Kapuzinerberg mehr wie ein Hügel, im Norden jedoch fällt der Berg steil ab. Dieses felsige Gelände liefert der Hand voll Gämsen viele Klettergelegenheiten und gute Existenzbedingungen.

Der Gamsbestand auf dem Kapuzinerberg geht auf einen einzelnen Bock zurück, der sich im Jahr 1948 dorthin verlaufen hatte und dem man dann eine Geiß zur Gesellschaft gab. Seither wird der einzigartige Bestand mit viel Sorgfalt gehegt und gepflegt. Rund zwölf Tiere sollen es sein, doch wie viele es genau sind, weiß niemand. Damit die abgeschottete Mini-Population auch in Zukunft bestand hat und gesund bleibt, wurde sie am Dienstag um eine Geiß aus Deutschland verstärkt.

Wilderei mitten in Salzburg

Josef Brawisch, Gerhard Wörndl und Christian Neureiter vom Magistrat betreuen als Stadtjäger und -förster die Kolonie, die klarerweise nicht bejagt wird. Wobei das mit dem Bejagen so eine Sache ist, denn gewildert wird möglicherweise doch dann und wann: So schilderte 2013 der damalige Stadtjäger Sepp Wiesner im ORF, dass drei Tiere spurlos verschwunden seien.

Das sollte mit der zwei Jahre alten Gams aus dem Zoo Karlsruhe nicht so leicht passieren, denn sie wurde vor ihrer Auswilderung mit einem Sender versehen, mit dem jeder Schritt und Tritt verfolgt werden kann. Die junge Gams wurde bereits seit Juni 2021 von Tierärztin Miriam Wiesner im Zoo Salzburg betreut. Vergangenen Donnerstag wurde das 21 Kilo schwere Tier dann von Hellbrunn auf den Berg gebracht, wo es bis heute in einem provisorischen Gehege blieb.

Video: Der Stadtjäger und seine Gämsen.
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Nachwuchs vielleicht schon in einem Jahr

Der Wirbel bei der Auswilderung – vom Bürgermeister abwärts bis zu einer Schar Journalisten – war dem Wildtier dann wohl doch zu viel: Es verzichtete vorerst auf den Weg in die Freiheit und blieb im weitläufigen Gehege. Wenn der Tross weitergezogen ist, wird es den Schritt wohl wagen. Neben dem Sender verfügt die Gams noch über eine Besonderheit: Sie hat sogar einen Namen – "Miriam", benannt nach ihrer Betreuerin im Zoo.

Laut Wiesner darf vielleicht schon in einem Jahr mit Nachwuchs gerechnet werden. "Gämsen sind mit circa drei Jahren geschlechtsreif. Das heißt, sie ist jetzt kurz davor. Vielleicht geht es sich mit der Brunft im November schon aus. Dann könnten wir im Mai kommenden Jahres schon ein Gamskitz erwarten", so die Tierärztin. Gämsen können rund 20 Jahre alt werden.

Und dass sie das auf dem Kapuzinerberg auch wirklich tun, ist Sache der Stadtjäger: "Zwei- bis dreimal pro Woche fahren wir rauf und kümmern uns um sie. Die Gämsen werden mit Heu und Laub versorgt. Und im Winter gibt's zusätzlich eine Getreidemischung zur Fütterung", schilderte Jäger Josef Brawisch. (red, APA, 23.3.2022)