"Dass jemand, der sein ganzes Berufsleben selbst im Dienst der Wissenschaft stand, derart ignorant mit dieser umgeht, ist enttäuschend", schreibt Colette M. Schmidt in ihrem Kommentar über Aussagen von Bildungsminister Polaschek.

Foto: APA/dpa/Sebastian Gollnow

Wien/Graz – In ihrem Kommentar mit dem Titel "Ignorant und enttäuschend" – erschienen am Montag – kritisierte STANDARD-Redakteurin Colette M. Schmidt Bildungsminister Martin Polaschek dafür, dass die Maskenpflicht in Schulen nicht wieder eingeführt wird, und auch für seine Aussagen, dass es aus der Wissenschaft kein Veto gegen die Aufhebung der Maskenpflicht in Schulen gegeben habe, obwohl prominente Expertinnen und Experten neben anderen Maßnahmen auch Masken in Schulklassen empfohlen hätten.

Diese Meinung veranlasste den Public-Health-Experten Martin Sprenger auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil "Public Health Graz" zu einem Posting, in dem er Schmidt vorwirft, "Unwahrheiten zu verbreiten". Er unterstellt ihr darin, dass sie "ignorant mit Wissenschaft" umgehe, und verweist auf eine Website des dänischen Gesundheitsministeriums, das eine Homepage "für Journalistinnen ihres Niveaus, um Fehlinformationen der Bevölkerung vorzubeugen", eingerichtet habe.

Scharfe Kritik an Sprengers Posting kommt von der Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz. Sie hat sich wegen Sprengers Facebook-Eintrag an Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres gewandt und fordert eine Prüfung der Vertrauenswürdigkeit von Sprenger. Sprenger ist Mitarbeiter der Medizinischen Universität Graz.

Pilz: Sprengers Äußerungen "rufschädigend, fachlich falsch"

Sprengers Äußerungen gegenüber Schmidt seien "rufschädigend, fachlich falsch und befeuern Corona-Leugner*innen und -Verharmloser*innen. Sie leisten einer weiteren Verunsicherung der Bevölkerung Vorschub", schreibt Pilz in ihrem Brief an Szekeres, "man gewinnt außerdem den Eindruck, dass mit dieser öffentlichen Abkanzelung eine seriöse Journalistin eingeschüchtert werden soll."

Es sei "nicht auszuschließen, dass sich andere von einer wissensbasierten Berichterstattung abhalten lassen, um nicht ebenfalls Ziel derartiger Angriffe zu werden", so Pilz. Sprenger nutze "sein Ansehen als Arzt und Public-Health-Experte, um unwahre Behauptungen zu verbreiten, die die Compliance der Bevölkerung in notwendige Schutzmaßnahmen untergraben". Pilz ersucht Szekeres in ihrem Brief, "die Vertrauenswürdigkeit des Herrn Dr. Sprenger einer Überprüfung zu unterziehen".

Auch STANDARD-Chefredakteur Martin Kotynek forderte Sprenger in einem Schreiben auf, "davon abzusehen, weiterhin öffentlich zu behaupten, unsere Redakteurin würde die 'Unwahrheit' und 'Fehlinformationen' verbreiten". Kotynek: "Die Meinungsfreiheit lässt zu, dass wir miteinander über unterschiedliche Meinungen diskutieren, ohne dem anderen zu unterstellen, die Unwahrheit zu verbreiten." (red, 24.3.2022)