Die FPÖ hat früh gelernt, im Teich der Maßnahmenkritiker und Corona-Skeptikerinnen zu fischen.

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Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis die oberösterreichische FPÖ zugab, dass sie lukrative Aufträge an den Linzer Unternehmer Stefan Magnet vergibt. Magnet wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtextrem bezeichnet. Und er ist seit Beginn der Pandemie eine zentrale Figur der Corona-verharmlosenden und verschwörungsideologischen Szene.

Nun wurden erstmals genaue Zahlen dazu offengelegt. Aus der Beantwortung einer mündlichen Anfrage an Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) geht hervor, dass in den vergangenen sieben Jahren 140.492 Euro schwere Werbeaufträge an die Agentur Magnets gingen. Sämtliche Aufträge kamen aus FPÖ-geführten Ressorts.

Aufträge auch aus Haimbuchners Ressort

Die höchsten davon aus jenen der ehemaligen Landesräte Elmar Podgorschek (53.000 Euro) und Wolfgang Klinger (44.238 Euro). Aus dem Ressort von Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner flossen 34.674 Euro an die Agentur, aus jenem von Landesrat Günther Steinkellner 8.580 Euro. Aus dem Büro Haimbuchner hieß es auf Anfrage der APA dazu, dass die Auswahl einer Agentur von Qualität und Preis abhängig sei und nicht davon, wie sie einem politischen Mitbewerber zu Gesicht stehe. Nahezu wortgleich sei die Antwort aus dem Büro Steinkellner gewesen.

Das Magazin "Profil" recherchierte schon im Herbst 2019, dass die Agentur Magnets von der oberösterreichischen Landesregierung gebucht wurde, und versuchte herauszufinden, wer den Auftrag dazu gegeben hatte. Nachdem die FPÖ ihre Auskunft aber verweigert hatte, blieb das Ausschlussverfahren: Alle anderen Parteien gaben gegenüber dem "Profil" an, man habe Magnets Agentur nicht gebucht.

Nähe zu Rechtsextremen, Kritik an Corona-Maßnahmen

Doch wer ist Magnet? Der betreibt nicht nur die Werbeagentur MS Medienlogistik Werbe GmbH, sondern auch den Sender Auf 1, der im Laufe der Pandemie Bekanntheit erlangte. "Corona wird für die globale Gleichschaltung inszeniert", heißt es da etwa zu einem Video, auf derselben Seite wird für Ivermectin zur Corona-Behandlung geworben und vor der Corona-Impfung gewarnt. In einem anderen spricht die mittlerweile gekündigte Beamtin im Verteidigungsministerium, Monika Donner, über ihr Buch "Corona-Diktatur".

Und: Magnet wird schon seit Jahren Nähe zur extremen Rechten nachgesagt. Die zeigt sich eher subtil, wenn Magnet rot-weiß-rote Heimatmode verkauft, und wird schon deutlich direkter, wenn er einen Gastkommentar im Rechts-außen-Medium "Wochenblick" mit "Presse hält schön die Fresse, weil Grazer Judenfeind ein Syrer ist" titelt. Und die wird besonders deutlich, wenn man sich – wie auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes festhält – vor Augen führt, dass Magnet im Führungskader des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ) war oder dass er – wie Stoppt die Rechten dokumentierte – auch den verurteilten Neonazi Gottfried Küssel traf.

Nebenbei wirbt Magnet beziehungsweise seine Agentur ganz offen um Stimmen für die FPÖ. 2019 arbeitete die Agentur laut Medienberichten am Wahlkampf für die Nationalratswahl mit, auch heute werden auf Auf 1 FPÖ-Vertreter und -Vertreterinnen interviewt – erst Anfang März gab FPÖ-Parteichef Herbert Kickl Auf-1-Chef Magnet ein fast einstündiges Interview. Der verschwörungsideologische Titel: "Eliten brauchen Krisen, um Gesellschaft umzubauen".

Mangelhafte Transparenz

Dass es so lange dauerte, bis diese Aufträge publik wurden, liegt daran, dass in Oberösterreich nicht transparent gemacht werden muss, wofür einzelne Ressorts ihre Werbebudgets ausgeben. Jedem Regierungsmitglied stehe jährlich ein gedeckelter Betrag für ressortspezifische Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung, heißt es dazu von Stelzer in der aktuellen Anfragebeantwortung: "Die ressortspezifische Öffentlichkeitsarbeit der Regierungsmitglieder liegt daher völlig in deren Eigenverantwortung."

Gestellt hatte die mündliche Anfrage Felix Eypeltauer, Neos-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag. Er kritisiert in dem Zusammenhang ein "unwürdiges Gehabe" und sagt dem STANDARD: "Die Öffentlichkeit muss gerade bei freihändigen Vergaben wissen, welche Aufträge damit bezahlt wurden." Eypeltauer weist auch darauf hin, dass dies noch nicht die vollständigen Summen, die an Magnet gingen, sein könnten: "Es gibt auch eigene PR-Budgets der Landesregierungsmitglieder, von denen Landeshauptmann Stelzer nichts weiß oder wissen kann. Hier könnten sich noch weitere signifikante Beträge verstecken." Er stellt nun weitere Anfragen an die einzelnen Landesregierungsmitglieder.

Auch bei den Grünen sieht man ein "fatales Bild", wie es von Klubobmann Severin Mayr heißt. Er verweist auf eigene Anfragen, die ergeben hätten, "dass über die heute bekanntgewordenen Auftragsvergaben hinaus zusätzlich mehr als 100.000 Euro für Inserate an diverse Rechts-außen-Medien überwiesen wurden".

Keine Stellungnahme von Magnet

DER STANDARD bat Stefan Magnet um Stellungnahme und fragte, ob weitere Gelder an ihn, Auf 1 oder die Agentur flossen und ob er sich von Rechtsextremismus distanzieren wolle. Seine Antwort: "Ich halte es seit Jahren so, dass ich mich auf Zuruf der Lügenpresse nicht distanziere und mich auch nicht rechtfertige. So halte ich es auch heute im Bezug auf Ihre Anfrage vom STANDARD. Schließlich ist die manipulative Absicht Ihrer Berichterstattung klar erkennbar." (Gabriele Scherndl, 25.3.2022)