Cypress Hill veröffentlichen mit "Back in Black" ein von modischen Torheiten weitgehend unbeflecktes Album zum Thema "Get high!".

Foto: Eitan Miskevich

Der Einschätzung, dass der Genuss von Marihuana bremst, der haben sich Cypress Hill nie entgegengesetzt. Schon gar nicht kreativ. Das Latino-Trio aus Los Angeles definierte Hip-Hop demnach nie über Geschwindigkeit oder besondere Finesse. Viel eher ging es darum, gemütlich abzuhängen, um im unteren Midtempo dem Gras beim Treiben zuzuschauen – Gras, auf Englisch Weed und als solches das sozialkritische Anliegen Numero Uno der drei vom Zypressenhügel.

Gut drei Jahrzehnte nach ihrem Auftauchen, das wider Erwarten in eine Weltkarriere mündete, ist ihre Zielsetzung immer noch dieselbe. Cypress Hill sind die Willie Nelsons des Hip-Hop: "Roll me up and smoke me when I die."

Rauch nach oben

Wie die alte Kiffersquaw der Country Music missionieren Cypress Hill die entspannende und den Frieden und die Liebe begünstigende Wirkung eines Joints vorm Frühstück und danach. Und wie Willie Nelson sehen sich Cypress Hill durch die Legalisierung des Rauchgrases in vielen US-Bundesstaaten bestätigt, aber leider erst am halben Weg zum Ziel. Erst 19 US-Bundesstaaten haben Marihuana zum medizinischen Zwecke legalisiert, da ist noch Rauch nach oben.

Cypress Hill

Also veröffentlicht das Trio B-Real, Sen Dog und DJ Muggs halt wieder ein weiteres Mission-Statement. Es heißt Back in Black und ist das zehnte Album in ihrer Karriere. Und es klingt wie immer, und das ist super, denn Versuche, die eigene Trademark zu beschädigen, indem man etwa die Beats verändert oder gar den Quengler-Rap von B-Real – zum Glück ist noch niemand auf eine derartige Hirnidee gekommen. Be real.

Qualitätsproblem

Back in Black ist nicht nur deshalb ein gutes Album. Der immense Zulauf auf das Genre beschert auf der Qualitätsseite nämlich nicht, was die Quantität vermuten ließe. Das spricht sich rum, da bedarf es keiner Veteranen wie KRS-One, ebenfalls mit neuem Album, dessen Daseinszweck seit Jahrzehnten der ist, allen auszurichten, dass er zuerst da war und alle anderen nur Sucker MCs sind. Nein, der simple Vergleich von so manchen rachitischen Raps und luluwarmen Häuslbeats mit dem Output mancher Altvorderer macht deutlich, dass es im Fach ein Qualitätsproblem gibt.

Cypress Hill

Cypress Hill bekleckern sich diesbezüglich nicht mit irgendwelchen Beefs oder Battles, sie tun, was sie immer getan haben. Zäh mahlende Rhythmen, die mit der Eloquenz einer Asphaltwalze ihren Weg fortschreiben. Ein paar wenige Effekte zwecks funky, fertig ist der nächste geile Track.

Im Song Anymore gibt man sich dann doch kurz eine Blöße und lässt sich dazu herab, Autotune zu verwenden. Klingt bescheuert, es gilt die Unschuldsvermutung aus dem Kifferhimmel. Vielleicht hat man B-Real auch bloß Helium in seinen Joint gerollt. Abgesehen von dieser etwas über drei Minuten dauernden Schrecksekunde fällt hier alles, wie es soll: Hausmarke. Das ist bei Kiffern besonders wichtig. Die Wirkung zu kennen. Cypress Hill erweisen sich diesbezüglich als Feinspitze: Certified heißt wie zufällig die beste Nummer hier. (Karl Fluch, 26.3.2022)