
Der Wiener Donaukanal.
Es gibt wenige Orte in Wien, die vom Winter- so schnell in den Frühlingsmodus schalten können wie der Donaukanal. Die bemerkenswert lange und trockene Schönwetterphase und Temperaturen um die 20 Grad Celsius lockten am Wochenende Tausende zum innenstadtnahen Freizeitareal. Die Menschen sonnten sich in den Liegestühlen und Bierbänken bei den bereits geöffneten Bars oder saßen entlang der Kaimauer. Die wundersame Vermehrung der gekühlten Bierdosen und Getränkeflaschen gegen Abend ließ auch darauf schließen, dass das traditionelle Katz-und-Maus-Spiel zwischen Bierverkäufern ohne Lizenz sowie Kontrolleuren wieder begonnen hat.
Beim Gemeinschaftsgarten nahe der Salztorbrücke wurde bereits wie wild gegartelt. In den Käfigen etwas stromauf- und stromabwärts wurden Basketbälle geworfen, in den Work-out-Zonen nahmen sich Motivierte ihren Bi- und Trizeps vor. Und auch Läuferinnen und Läufer, Radfahrerinnen und Radfahrer nutzten den Turbo-Frühlingsstart für Sport entlang des Kanals, während andere in den wenigen Grünflächen chillten.
Was die Lokale betrifft, ist der Donaukanal vielerorts aber noch gar nicht richtig in die Sommersaison gestartet. Immerhin steht ab Mitte der Woche auch wieder eine Wetterphase mit kühlen, höchstens einstelligen Temperaturen und lange erwartetem Regen bevor. Der Großteil der neuen Gastroprojekte entlang des Kanals, die von der Stadt Wien angekündigt wurden, verzögert sich aber ohnehin etwas. Das hat mit der Corona-Pandemie zu tun, aber auch mit diversen Rechtsstreitigkeiten mit Vorpächtern. So wurde etwa von drei neuen Projekten, die bei einer Neuausschreibung von Gastroflächen bereits Ende 2018 zum Zug gekommen waren, erst eines umgesetzt. DER STANDARD gibt einen umfassenden Überblick über die Donaukanal-Beisln.
·Neni am Wasser
Der einstige Tel Aviv Beach unterhalb des Restaurants im Otto-Wagner-Schützenhaus wird künftig unter dem Namen Neni am Wasser firmieren (siehe Grafik). Das Projekt der Gastrofamilie Molcho sieht neben Strandfeeling auch eine großflächige Überdachung vor, die künftig einen Ganzjahresbetrieb des geplanten Restaurants ermöglicht. Bei schönem Wetter soll die Überdachung freilich geöffnet bleiben. Das bestehende Gebäude wird zudem adaptiert.
Aktuell finden die Umbauarbeiten bei der Fläche nahe der U4-Station statt. Als Eröffnungsdatum wird "Anfang Mai" angepeilt, wie es auf Anfrage heißt. Im Restaurant selbst soll es künftig 160 Sitzplätze geben, in der Bar sind es 50. "Im Sommerbetrieb kommen 50 weitere Plätze dazu." Geplant ist eine offene Showküche, zudem werde es einen Lavastein und auch viel rohen, frischen Fisch geben.
·Taste
Nur ein paar Schritte weiter Richtung Salztorbrücke befindet sich das Lokal Taste. Es ist als einziges jener neuen Projekte, die bei der Neuausschreibung von Flächen 2018 erfolgreich waren, bereits im Betrieb. Hier wurde mit dem Neubau samt beheizten Innenräumen eine Nutzung auch im Winter ermöglicht. Taste wurde links und rechts des markanten Glashauses realisiert.
Beim Containerkonzept von "Taste! Kitchen" gibt es Sonnenterrassen zu ebener Erd’ und im ersten Stock. Oder, besser gesagt: auf dem Dach. Die Liegestühle und Bänke waren am vergangenen Wochenende bestens besucht. Noch im Winterschlaf ist mit "Taste! Garden" die zweite Gastroschiene in ausgedienten Schiffscontainern: Hier können sich verschiedene Gastronomen mit ihren Konzepten präsentieren.
·Adria
Das Glashaus selbst ist nicht Teil von Taste, sondern der letzte Restbestand des umkämpften Lokals Adria. Nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten wurden Ende 2020 die Flächen, wo sich mittlerweile Taste befindet, zwangsgeräumt. Zuvor ging es jahrelang zwischen der Donaukanal-Verwalterin Donauhochwasserschutz-Konkurrenz (DHK) – die sich aus Bund, Wien und Niederösterreich zusammensetzt – sowie dem Gastronomen Gerold Ecker heiß her.
Die Streitigkeiten um das Glashaus sind noch nicht gänzlich ausgeräumt. Die zuständige Wiener Gewässer Management (WGM) geht aber davon aus, dass das Glashaus wie vereinbart Ende 2023 übergeben wird. Donaukanal-Pionier Ecker betreibt am Kanal auch noch das Badeschiff.
·Fräulein’s fabelhafter Sommergarten
Auf das dritte neue Gastrokonzept, das 2018 zum Zug kam, muss am längsten gewartet werden. Der geplante bayerische Biergarten samt Bar sowie Grillern zum Mieten verzögert sich seit längerem. Auch hier werden Container aufgestellt, 250 Personen sollen outdoor Platz finden. Betreiberin Stephanie Edtstadtler will noch kein Eröffnungsdatum nennen. "Aber es wird im Sommer so weit sein. Endlich." Ob es vorab eine Pop-up-Lösung mit kleiner Barausschank wie im Vorjahr geben wird, ist noch offen.
Weiter warten auf neue Projekte
Drei neue Gastroprojekte wurden bei einer weiteren Ausschreibung von Kanalflächen im März 2021 ausgewählt. Auch hier gibt es Verzögerungen: Nur ein paar Schritte vom Lokal Taste entfernt soll bei der Salztorbrücke unter dem Namen Muse eine Art Open-Air-Kunstgalerie mit Gastrobereich (Restaurant und Bar) umgesetzt werden. Weil Abstimmungen mit der Fernwärme Wien wegen einer Leitung noch nicht abgeschlossen sind, kann heuer im Sommer nur mit einer Pop-up-Zwischenlösung gestartet werden, wie Martin Jank von der WGM dem STANDARD sagt.
Für die zwei weiteren Projekte Urban Tribes und Die Werkstatt auf der anderen Seite des Kanals benötigt es noch weitere Gespräche mit den Wiener Linien. Urban Tribes soll eine Bistro-Bar samt kleiner Fahrradwerkstatt werden. Laut Jank "wird heuer im Frühjahr mit dem Bau begonnen".
Die Werkstatt – flussaufwärts vom Badeschiff – ist als Lokal mit Bühne konzipiert. Hier sind die Abstimmungen mit den Wiener Linien noch nicht abgeschlossen. Ein Baubeginn wird noch nicht genannt.
Bei beiden Projekten sind öffentlich zugängliche Toiletten und eine konsumfreie Zone Teil des Vorhabens.
Denn Toiletten können bei einem Besucheransturm am Donaukanal schnell zur Mangelware werden. Augenscheinlich wurde das während der Gastro-Lockdowns, als die Wienerinnen und Wiener den Kanal als Freiraum schätzten, aber kaum Toiletten öffentlich zugänglich waren. Zusätzliche mobile WC-Anlagen sollen heuer aber wieder in der Sommersaison aufgestellt werden, heißt es auf Anfrage von den zuständigen Wiener Stadtgärten – wann genau, "ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen".
Um die Müllproblematik in den Griff zu bekommen, wurde im März neben 150 fixen Abfallbehältern um 70 weitere aufgestockt. Auch die Reinigungsintervalle wurden verstärkt. Im April sollen noch mehr Müllgefäße aufgestellt werden. (David Krutzler, 29.3.2022)